Was soll man zu einem Album schreiben, zu dem der Musiker bereits in vier Sätzen alles gesagt hat?
Also lassen wir ihn einfach selber sprechen: „Ich höre viel unterschiedliche Musik für verschiedene Anlässe - Prog-Alben, wenn ich mich auf komplizierte Musik konzentrieren will, manchmal Jazz und Klassisches. Oft fühle ich mich jedoch auch zu Singer-Songwriter-Alben, wie zum Beispiel von Jackson Browne oder Graham Nash, hingezogen. Eines Tages dachte ich mir, dass ich gerne mal so ein Album machen würde! ‚Songs From November‘ ist dieses Album.“
Aber ja, genauso ist es. Nur gibt‘s natürlich auch viel von Bands ähnlicher Ausrichtung zu hören, egal ob bei Morse die EAGLES über AMERICA fliegen, während in der Kirche gerade ein Gospel-Chor singt oder dann mit pathetischen Hymnen göttliche und liebevolle Botschaften in die Welt getragen werden. Eigentlich ist diese Musik, die sich NEAL MORSE mit seinem ruhigen, ganz der Jahreszeit entsprechenden November-Album ausgewählt hat, deutlich besser für seine textlichen Inhalte als der progressive Rock geeignet. Man nimmt seiner etwas heiser klingenden Stimme, die leider auf „Tell Me Annabelle“ (wohl unabsichtlich) ziemlich schief daherkommt und auch insgesamt einige Grenzen aufweist, diese pathosgeschwängerten Texte gerne ab, auch wenn man nicht immer mit dem Göttlichen genauso viel anfangen kann wie der manchmal etwas ins Predigende abrutschende Sänger.
Freunde allerdings, die den progressiven Morse, egal ob bei SPOCK‘S BEARD, TRANSATLANTIC oder solo lieben, werden mit „Songs From November“ überhaupt nichts anfangen können, denn es ist wirklich ein Liedermacher-Album geworden, dem etwas Soul, Gospel, Pop, Jazz und Funk sowie viel Schmalz innewohnt. Also alles das, was mit Prog so viel zu tun hat wie die kriegsministeriale Waffen-Uschi mit Friedensliebe oder der Bundes-Gauck(ler) mit zurückhaltender Demut.
Wer jedoch Prog-Rock nicht mag, dafür aber die EAGLES, JACKSON BROWNE und Bekehrer-Lyrik sowie liebevolle Texte auf der Suche nach dem Guten, die manchmal auch ziemlich traurig ausfallen können, der wird große Freude an „Songs From November“ haben, selbst wenn das Album nach dem fünften oder sechsten Hördurchgang ziemlich zu langweilen beginnt. Dafür aber ist der Song „Wear The Chains“ ein grandioser (sogar etwas progressiv erscheinender) Titel, den man garantiert nicht mehr vergisst - einfach mal reinhören und genießen!
FAZIT: „Songs From November“ ist der Blick zurück in das Jahr 2001, in dem NEAL MORSE seine progressiven Fans ebenfalls mit einem solistischen Liedermacher-Album überraschte und verunsicherte. So gesehen also der zweite Teil von „It‘s Not Too Late“!
Punkte: 9/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 07.09.2014
Neal Morse
Neal Morse
Neal Morse
Neal Morse
Gabe Klein, Neal Morse
Chris Carmichael (Streicher), Jim Hoke (Saxofon), Steve Herrman (Trompete), Eric Darken (Percussion), Wil Morse & Eric Gillette (Gesang)
InsideOut Music
47:40
15.08.2014