Als traditionelle Heavy-Metal-Band hat man es nicht leicht. Wer Album für Album den bekannten Stiefel runterspielt, läuft Gefahr, in die Schubladen „MOTÖRHEAD“ oder „AC/DC“ einsortiert zu werden, in einer kreativ wenig fordernden Dauerschleife zu verweilen. Wer experimentiert, der verprellt möglicherweise Großteile seiner treuen Fans.
Ein Problem, das PRIMAL FEAR zumindest teilweise kennen. Nach drei, vier sehr starken Alben zu Beginn ihrer Karriere versuchten die Power Metaller, ihren Sound um einige Nuancen zu verändern, auch ein, zwei neue Einflüsse zuzulassen – was zur Folge hatte, dass Alben wie „Devil’s Ground“ oder „New Religion“ nicht mehr die Durchschlagskraft des Auftakt-Quartett besaßen. Auch wenn das Grundgerüst immer noch das Gleiche war, modernere oder düstere Untertöne wollten nicht jedem der alteingesessenen Fans schmecken.
Schon das vorherige, neunte Album, „Unbreakable“, markierte so etwas wie die Rückkehr auf den ganz traditionellen Pfad. Und Album Nummer zehn, „Delivering The Black“, geht noch einen Schritt weiter. Beziehungsweise einen Schritt weiter zurück: Ganz in der Tradition der frühen Veröffentlichungen wie „Nuclear Fire“ oder „Jaws Of Death“ gibt es eine erstklassig gewichtete Mixtur aus schweren Stampfern, satten Rockern und High-Speed-Power-Metal. Am besten klingt die Band immer dann, wenn sie gnadenlos aufs Gaspedal steigt – wie beispielsweise im abschließenden „Inseminoid“, das als Rausschmeißer perfekt funktioniert und das Drücken der Repeat-Taste als einzigen Ausweg erscheinen lässt.
Auch die breit angelegten Monumentalsongs wie das schwer atmosphärische und über neuneinhalb Minuten lange „One Night In December“ zählen zu den Highlights des Albums, das eigentlich nur dann nicht ganz überzeugen kann, wenn sich die Kompositionen zu nah an SINNER, einem der zahlreichen anderen Betätigungsfelder von Mat Sinner und Alex Beyrodt, orientieren. Insbesondere in den Refrains schleichen sich ein, zwei rockige Stellen ein, die exakt so auch auf einem SINNER-Album darstellbar wären – wenn nicht der Unterschied am Mikrofon wäre: Ralf Scheepers brilliert auch auf „Delivering The Black“, rettet den ein oder anderen Durchhänger vor dem Durchschnitt, glänzt bei der gefühlvollen Ballade „Born With A Broken Heart“ (mit Liv Kristine als dezent auftretende Background-Sängerin) ebenso wie bei den klassischen Sirenennummern oder den Breitwand-Epen.
FAZIT: Weniger Experimente, mehr Metal: PRIMAL FEAR konzentrieren sich so fokussiert auf das Wesentliche wie schon seit über zehn Jahren nicht mehr. Power Metal mit Biss und Melodie, wie man ihn besser kaum spielen kann.
Punkte: 13/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 03.02.2014
Mat Sinner
Ralf Scheepers
Alex Beyrodt, Magnus Karlsson
Magnus Karlsson
Randy Black
Frontiers Records
53:01
24.01.2014