Ist das geil: Die frühsten offiziellen QUEEN-Livemitschnitte sind nie herausgekommen, weil die Musiker so kreativ waren, dass sie gleich nach ihrer ersten Headliner-Tournee "Sheer Heart Attack" heraushauten, das ihren endgültigen Durchbruch markierte. Hier nun also die Aufbereitung der Bänder von damals, einmal aus dem März und dann November des Jahres.
QUEEN fahren praktisch alle Großtaten ihres frühen Katalogs auf und klingen dabei vor allem eines: rau, energetisch und heavy, selbst in Power-Balladen wie "White Queen (As It Began)" und "In The Lap Of The Gods" (Gänsehaut), aber auch während bereits zukünftige Exzentrik andeutenden Stücken der Marke "The Fairy Feller's Master–Stroke" (Gig eins) und "Flick Of The Wrist" (im November). Das treibend polternde "Keep Yourself Alive" hielt vermutlich LED ZEPPELIN an besten Abenden stand, und es ist angesichts der vielen Konzert-Nachlesen der Gruppe aus Stadion-Zeiten ungemein spannend, ihr hier zuzuhören, also noch ohne aufwändige Studio-Veredlungen, sondern tatsächlich nur drei Instrumentalisten (und was für welchen) sowie einem Sänger (und was für einem).
Taylors fetzige Großtat "Modern Times Rock 'n' Roll" passt trefflich zum nachfolgenden Cover-Medley
nach "II", und im Winter des Jahres ist es dann der Edel-Punker "Stone Cold Crazy". Die Dynamik der Shows ist obendrein bestechend, da mehrere Tracks klassisch mit Reprisen bedacht wurden, was ungemein zwingende Spannungsbögen erzeugt. Das Publikum muss im Dreieck gesprungen sein, als man etwa das schmutzige "Son And Daughter" mit fulminantem Gitarrensolo unterbrach. Zudem deutete Mercury nicht nur an, dass er ein geborener Entertainer war.
Die Sound-Unterschiede beider Aufnahmen sind deutlich zu vernehmen, aber unerheblich, da beide Konzerte trefflich eingefangen wurden. QUEEN erweisen sich in dieser verdichteten Form für die, denen es immer noch ein Abstreiten wert ist, als Vorreiter für eine Menge Spielarten von Gitarrenmusik, also nicht nur epischen Hard Rock wie "Father To Son", sondern eben auch harten Prog wie im Falle von "Liar". Das dreiminütige Wunderding "Seven Seas Of Rhye" und der Ohrwurm "Keep Yourself Alive" machen einmal mehr fassungslos in Anbetracht der geballten Songwriting-Talente dieser Band - und dann der den Verstand raubende Satzgesang, beispielsweise in "Ogre Battle" ...
Beim zweiten Gig spielen QUEEN teilweise sogar noch flammender (der krachende Opener "Now I'm Here") auf, wobei der baldige Pomp deutlicher zum Tragen kommt, mit der rauen Kante der ersten beiden Alben aber absolut unschlagbar ist. Wenn irgendjemand Page und Plant als Urväter des Heavy Metal verstanden wissen will, hat er seine Rechnung nicht mit Brian May und Co. gemacht, denn gerade deren Geschraubtheit und Verzicht auf vordergründigen Baumwollpflücker-Stoff (den krachenden Blues "See What A Fool I've Been" außen vorgelassen) steht dem ganz harten Genre wesentlich näher, das sich ab Ende des Jahrzehnts Bahn brechen sollte.
FAZIT: QUEEN im vollen Saft, schlichtweg eine der ultimativen Rock(!)-Bands aller Zeiten. Besser geht nur die DVD/Blu-ray dieses historisch mal wirklich wertvollen, essenziellen Konzertes!
Erschienen auf www.musikreviews.de am 08.10.2014
John Deacon
Freddie Mercury
Brian May
Freddie Mercury
Roger Taylor
Virgin / EMI
64:29 + 79:40
05.09.2014