30 Jahre RAGE, ein Jubiläum, das man durchaus würdigen darf. Die Ruhrpöttler, die insbesondere in den 90er-Jahren einen Klassiker nach dem anderen veröffentlichten, gehören zu den konstantesten Bands im Power-Metal-Bereich – auch wenn man in den vergangenen Jahren mit Klassik-Alben oder übertriebener Progressivität hier und dort ein wenig über die kreativen Stränge schlug.
„The Soundchaser Archives“, so viel sei vorweggenommen, ist allerdings alles andere als eine angemessene Art und Weise, das Jubiläum einer dermaßen verdienten Band zu feiern. Zwar ist der Ansatz des Trios durchaus nachzuvollziehen, möglichst vieles, was bislang unveröffentlicht geblieben ist, ans Licht der Öffentlichkeit zu zerren. Doch unter den 30 Songs, die auf dieser Doppel-CD verewigt sind, befinden sich viel zu viele Songs, die auf einer RAGE-Veröffentlichung schlichtweg nichts zu suchen haben – aus den unterschiedlichsten Gründen.
Da wären zum einen einige Tracks, die gar nicht von RAGE stammen, sondern von Gitarrist Victor Smolski für den „Into The Light“-Sampler zum 25-jährigen Jubiläum von Nuclear Blast geschrieben wurden oder seinem Soloalbum „Majesty And Passion“ zum Thema Bach-Interpretationen entstammen. Für beinharte Fans sind möglicherweise einige bekannte Songs wie „The Pit And The Pendulum“, „Refuge“ oder „Enough Is Enough“ in frühen Demoversionen bekannt, wer jedoch nicht in Soundchaser-Bettwäsche schläft, der wird mit der Proberaum-Soundqualität und vor allem dem teilweise Ohreninfarkt verursachend schiefen Gesang von Peavy (man höre zum Beispiel „Last Goodbye“) kaum etwas anfangen können – vorsichtig ausgedrückt.
Dass bislang lediglich als Bonustracks verwendete Songs ebenfalls verwurstet werden, gehört mittlerweile leider zum guten Ton, ist aber noch zu verkraften, einige alte Schätzchen aus AVENGER-Zeiten haben dagegen sicherlich unbestritten ihre Daseinsberechtigung auf diesem Album. Zur Chronistenpflicht gehört die Feststellung, dass einige fertige und bislang unveröffentlichte Songs wie das relativ neue „Anybody Home“ (aus den „21“-Sessions) oder „Here Comes The Night“ (aus „Soundchaser“-Zeiten) durchaus gutklassig sind und dem Material auf den dazugehörigen Studioalben durchaus auf Augenhöhe begegnen.
FAZIT: Gute Idee, aber leider mangelhaft umgesetzt. RAGE haben ihre Archive geplündert, offensichtlich nicht genug Material gefunden und viel zu viel Füllmaterial untergebracht. Um 30 Jahre einer verdienten Band zu feiern, komplett unwürdig. Oder, um es mit einem RAGE-Titel zu sagen: Shame On You!
Erschienen auf www.musikreviews.de am 21.05.2014
Peavy Wagner
Peavy Wagner
Victor Smolski
Victor Smolski
André Hilgers
Nuclear Blast
134:40
23.05.2014