Pünktlich zum vierzigsten Geburtstag veröffentlichen RAMSES ihr fünftes Album. Hast kann man der deutschen Band wahrlich nicht vorwerfen. Entsprechend gemütlich ist „Firewall“ auch geworden.
RAMSES spielen treuherzigen, gemütvollen Hardrock mit kleinen neoprogiggen Schnörkeln. Das ist Musik, der man irgendwie nicht böse sein kann, obwohl manche Stücke arg klebrig sind. Zu viel Zucker im Kaffee und dann auch noch die koffeinreduzierte Variante kredenzt. Aber der Kaffeekocher ist ein ganz Lieber.
In die kalorienreiche Kategorie fallen das banale „Into the moments“ (dessen Anfang verdächtig, nein natürlich zitierend, nach „Everybody Wants To Rule The World“ von TEARS FOR FEARS klingt), das klerikale „Thirst in my heart“ (was macht eigentlich die KELLY FAMILY?) und der nur in diese Jahreszeit, sonst aber nirgendwohin passende, „X-mas song“, bei dem nicht ganz klar ist, ob er eine Parodie oder eine FLIPPERS-Hommage sein soll. „Show me the light, you and me it’s alright“. Klingeling. Ziemlich schlimm. Aber keine Bange, ich werde nicht ausfällig, dafür ist die Platte zu liebenswert (gemacht). Und der Bonus-Track, die softe Ausgabe von „Look @ your neighbour“, ist mit ihrem verschleppten Tempo und dem manchmal leicht leiernden Chor im Hintergrund durchaus charmant.
Wesentlich besser gelungen sind die etwas härteren und verspielten Rocker (mit Metal hat das gar nichts am Hut) wie der Opener „Welcome to the show“, das Instrumental „Back To The Glades“ (gefällt auch Crockett und Tubbs), das rumpelige „Save the World“, oder „Look @ your neighbour“ in der Live-Version, die nahtlos an das beste Album der Band anschließt, das Debüt „La Leyla“.
Langsamer können es die Musiker ebenfalls angehen lassen, ohne gleich im siebten Schlagerhimmel zu landen („Love In Vain“, The Straw the broke the Camel’s Back“). Flauschige Keyboardteppiche sorgen für eine weiche Landung, Norbert Langhorst spielt seine Gitarre zwischen teutonisch korrekt und geschmeidig, ein wenig klingt das oft wie ELOY-Light. Mit engagierten Lyrics, deren literarische Qualitäten man aber, wie die Musik, streicheln und nicht allzu kritisch unter die Lupe nehmen sollte, wenn man Gefallen dran finden möchte („The Golden Gate Bridge ‘cross the bay, More rust than gold – but still high“) .
FAZIT: Als hätten GENESIS zu „abacap“-Zeiten versucht, ein Krautrockalbum aufzunehmen. „Firewall“ ist mit einer entwaffnenden, freundlichen Unbedarftheit eingespielt, die ihre Hörer – gerade in der Adventszeit – so perplex wie gerührt zurücklässt. „We can save the world“ - man möchte es gerne glauben, doch mit nicht sonderlich komplexem, melodiösem Hard-Rock (mit ganz weichem ‚D‘), der vom Prog geknuddelt wird, haut das vermutlich nicht hin.
Ich rate dringend einen Probe-Hördurchlauf vorm Kauf an.
Punkte: 8/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 02.12.2014
Herbert Wolfslast
Reinhard Schröter, Winfried Langhorst, Herbert Natho, Lina, Tessa, Jana, Vicky, Gabi
Norbert Langhorst, Herbert Wolfslast, Reinhard Schröter
Winfried Langhorst, Reinhard Schröter
Carsten Loll
Sireena Records/Broken Silence Records
59:51
28.11.2014