Stephan Traunmüller ist kein Neuling. Der Österreicher gründete bereits 1992 GOLDEN DAWN, seit 2010 hat er ein weiteres Projekt namens RAUHNÅCHT am Start. In beiden Bands ist er das einzige Mitglied – im Black Metal keine Seltenheit. Das Genre wird von Misanthropen für Misanthropen gemacht, da verwundert es nicht, dass viele dieser Menschenhasser sich entschließen, auf die Unannehmlichkeiten einer mehrköpfigen Band zu verzichten. Mitgliederrekrutierung, gemeinsame Proben und Streit um die kreative Ausrichtung – boah, wie anstrengend. Lieber alle Instrumente selbst lernen und alles alleine machen.
Manchmal funktioniert das. Dann entstehen kleine Meisterwerke wie das Debüt von NATTEFROST oder – sorry, ist aber so – die eine oder andere BURZUM-Veröffentlichung, Alben, die von ihrer Kompromisslosigkeit leben. Öfter geht es aber in die Hose. Ohne äußere Einflüsse steigt die Wahrscheinlichkeit, dass der Multi-Instrumentalist seine Fähigkeiten überschätzt, seine Fehler übersieht oder außer Acht lässt, dass nicht jeder so denkt und fühlt wie er. Womit wir bei "Urzeitgeist" wären, dem zweiten RAUHNÅCHT-Album. Kein grausam schlechtes Werk, aber eines, dem zwei oder drei zusätzliche Musiker nicht geschadet hätten.
Dabei geht es ordentlich los: "Einsam ist’s, durch’s Moor zu gehen" und der Titeltrack verfügen über eine klar erkennbare Struktur und einen Schwung, den man von VREID oder WINDIR kennt. Wenn die Geschwindigkeit rausgenommen wird, entsteht hier Atmosphäre und nicht – wie im weiteren Verlauf – Langeweile. Allerdings stören die Keyboard-Arrangements im ersten Song, die arg nach Videospielsoundtrack klingen. Auch mit der Entscheidung, auf Deutsch zu krächzen, ist es so eine Sache. Bei RAUHNÅCHT lässt sich mindestens die Hälfte der Texte verstehen, die Billig-Poesie der Texte trübt das Vergnügen an der Musik.
Die genannten Schwachpunkte werden im weiteren Verlauf des Albums deutlicher. Das Keyboard findet wenig Einsatz, zum Glück. Dafür streckt Traunmüller seine Songs auf bis zu 10 Minuten, womit er sein eigenes Können und die Geduld des Hörers arg strapaziert. Die letzten fünf Nummern, zusammen 43 Minuten lang, sind eine Mid-Tempo-Ödnis ohne Höhepunkte, ausgeschmückt mit der immer gleichen Jammerlyrik: Herbst, Geister, Depression, ja doch, wir haben’s verstanden. Das klingt nicht wie das Nebenprojekt eines Musikers, der in etlichen Bands und an noch mehr Alben mitgewirkt hat, sondern...
FAZIT: ...es wirkt wie das Hobby eines 15jährigen in der Weltschmerzphase, der im Keller seines Elternhauses einsam vor sich hin musiziert – und dem man raten möchte, mal unter Menschen zu gehen, sich in die Sonne zu setzen, Mädels anzusprechen. Hilft bestimmt.
Punkte: 6/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 13.03.2014
Stefan Traunmüller
Stefan Traunmüller
Stefan Traunmüller
Stefan Traunmüller
Stefan Traunmüller
Hammerheart Records
56:20
17.03.2014