Punk, Rockabilly, MOTÖRHEAD, so heißen die Opfer einer besonders fiesen Art von Paradoxie. Während sie von ihren Fans abgöttisch geliebt werden, reden alle anderen von Stagnation (auf hohem Niveau), gepflegter Langeweile oder im schlimmsten Fall Redundanz. Was kann einer kreativen und produktiven Band Schlimmeres passieren, als mit "kennste-einen-kennste-alle-Rufen" bedacht zu werden? REVEREND HORTON HEAT versuchen demnach einen gewagten Spagat.
Die Rockabilly-Institution versucht nämlich auf Album Nr. 11 über die starren Genregrenzen hinaus zu schauen, um der eigenen Musik ein bisschen mehr Reiz zu verschaffen. Allerdings gehört die Aussage auch gleich wieder ein wenig relativiert, denn was REVEREND HORTON HEAT auf "Rev" darbieten, ist nicht viel mehr als der temporäre Tanz mit der eigenen Verwandtschaft. Das starke Eröffnungsdoppel 'Victory Lap/Smell Of Gasoline' ist zwar reinrassiger Rockabilly, obwohl das Strophenriff doch deutlich an eine gewisse Band namens MOTÖRHEAD erinnert. Später wird in 'Scenery Going By' besonders deutlich, dass Lemmy & co. auch in anderen Genres bleibenden Eindruck hinterlassen haben.
In 'Zombie Dumb' wird eine Ohrwurm-Melodie zu einem 1a-Psychobilly-Hit veredelt, der Rock'n'Roller 'Mad Mad Heart' fordert zum Tanz auf und 'Hardscrabble Woman' spielt gekonnt mit Country-Einflüssen. Schön ist dabei zu hören, dass die Einflüsse nie über ihren ergänzenden Charakter hinaus gehen, sondern den Rockabilly-Sound intelligent erweitern. Nichtsdestotrotz bleibt nicht alles hängen, was die Amis sich da ausgedacht haben. Da das aber ein Problem ist, das zu Beginn genannt wurde, soll hier gewürdigt werden, dass die Amis eine abwechslungsreiche Platte geschrieben hat, die immer noch locker die meisten Genre-Kollegen in die Tasche steckt. Was hingegen wirklich nervt, ist die Bassdrum, die an manchen Stellen wie abgeschnitten vom Rest des Instruments klingt, was durchaus zu leichten Wahrnehmungsstörungen führen kann.
FAZIT: "Rev" ist ein abwechslungsreiches Rockabilly-Album geworden, das geschickt Einflüsse aus u.a. Rock'n'Roll, Country und Psychobilly integriert, um der genretypischen Eintönigkeit entgegen zu wirken. Obwohl das Album keinen Totalausfall zu verzeichnen hat, bannt einen das Material trotzdem nicht durchgängig.
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 02.03.2014
Jim "Reverend Horton" Heath
Jim "Reverend Horton" Heath
Scott Churilla
Kontrabass - Jimbo Wallace
Victory Records
46:32
24.01.2014