Es ist dies eine so typische, klischee-behaftete Geschichte vom begabten Buben Rik Priem, der sich nichts mehr wünschte, als einmal ein Rockstar zu sein. Von seinen Großeltern bekam er in grauer Vorzeit, als ihn im zarten Alter von 14 Lenzen nachwachsender Flaum im Gesicht und anderswo irritierte, die erste Klampfe geschenkt und legte sie fortan nicht mehr zur Seite. Ein stilles, fleißiges Leben als Gitarrentechniker und Musiklehrer taugte Rik nicht so recht, da ihn der Ehrgeiz ständig piesackte. Recht schnell stellte er bei lokalen Hardrock- und Metal-Bands als Gastmusikus eine feste Größe dar. Ein langhaariger, blonder Recke, der den Sechssaiter würgte und jaulen ließ, dass es selbst verwöhnten Rockern die Tränen in die Augen trieb, steckte sein Revier ab – und will es jetzt wissen!
Mit Carsten „Lizard“ Schulz am Micro, seinem alten Kumpel Geert Margodt an den Tasten, Vincent De Last am Bass und Ramy Ali hinter der Schießbude tüftelte und feilte man am Projekt „Rik Priem´s Prime“. Der erste Silberling hat das eigene Studio in Belgien verlassen. So ein richtig fettes Happy-End zeichnet sich nicht am Firmament ab.
Seien wir gnädig. Sagen wir: die CD passt, die Zeit eher nicht. Iron Maiden, Judas Priest, Deep Purple – das sind zwar immer noch feste Größen, aber halt auch Dinosaurier. Will heißen: sowas wächst nicht mehr nach. Und diese vor etlichen Dekaden angesagten Super-Gitarristen-Epen, von denen im Segment Hard´n´Heavy höchstens Axel Rudi Pell heute noch zehrt, der alte Schwede Yngwie Malmsteen aber bereits träumt, tun sich verdammt schwer, Liebhaber/Abnehmer/Käufer/Fans zu finden.
Du wirfst den Player an und ersäufst im Einheits-Brei. Diffuses Keyboard-Gewaber lichtet sich im mächtigen Intro „Sunset Over Agartha“ und lässt (au weia, jetzt wird’s kompliziert) akustisch Priems magische Axt aufblitzen wie das funkelnde Schwert Excalibur in der Artus-Sage. Man mag mich für dieses Gesülze im fahlen Licht des Mondes steinigen – aber es passt wie die Faust aufs Auge zur Melange bleierner Melodeien im mittleren Metal-Tempo, die sich nahtlos anschließen, immer irgendwie ineinander übergehen und letztendlich keinerlei wirklich markante Spuren in den Gehörgang graben. „The Future Is Now“? Von wegen. Priem und Co. laufen eher Gefahr, zu dem zu mutieren, was sie in „Child Of Anger“ dahersingen: zu frustrierten Grantlhubern!
Frisch und munter geht es hurtig möglichst häufig die Tonleiter rauf und runter. Die Band scheint ständig am Anschlag zu spielen. Jeder wirft so viele Noten wie er kann in den Topf, bald brummt dir der Kopf. Trotzdem – und das sei hier groß geschrieben – also TROTZDEM reden wir hier über Qualität, Leute! Wie Balsam massieren sparsam bewilligte Kaskaden einer fetten Hammond-Orgel das Trommelfell und erinnern leider nur rudimentär an die legendären Duelle von Richie Blackmore und Jon Lord bei Deep Purple. Manchmal schimmert „Whitesnake light“ durch.
Aber wirklich nur ganz light, denn den weißen Blues eines David Coverdale kann Carsten Schulz nicht ansatzweise aus seinen Stimmbändern wringen. Er muss, obgleich er in der Szene hochklassiger Formationen locker als universell einsetzbarer Shouter durchgeht, ob des Songwritings bei Priem´s Prime sogar höllisch aufpassen, nicht in Richtung Knödeltenor abzurutschen.
FAZIT: Priems erster Versuch folgt einem einzigen Motto: „Wartet nur, ihr Rockstars! Wenn ich mal ne CD mache, dann zeige ich euch, wo der Hammer hängt. Ich hau euch die Läufe nur so um die Ohren, mauere euch mit Riffs lebendig ein und überhäufe euch mit Licks, die ihr nie vergessen werdet. Ich spiel´ euch schwindlig“. Hat nicht geklappt. The First Cut Is The Deepest. Aber eine zweite Chance hat jeder Gitarrero verdient.
<span style="font-style:italic">Udo Metterlin</span>
Punkte: 5/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 22.06.2014
Vincent De Last, Rik Priem
Carsten „Lizard“ Schulz
Rik Priem
Geert Margodt
Ramy Ali
Avenue Of Allies Music
52:05
23.05.2014