Andy Marshall ist ein junger Schotte, der die Highlands liebt. Diese Berge im Norden Schottlands stehen auf seinen Bandfotos im Mittelpunkt, Marshall selbst ist nur eine kleine Figur am Rande. So wie die Landschaft aussieht, klingt auch Marshalls Musik: weitläufig, neblig und schön – Metal, den Ronja Räubertochter hören würde.
"Aura" ist das dritte Album von Marshalls Ein-Mann-Projekt, allerdings das erste SAOR-Album, weil Marshall alle paar Jahre den Namen seiner Band ändert. Auf einigen Songs von "Aura" gelingt ihm die Verbindung von schroffem Black Metal und verträumtem Folk nahezu perfekt. Die Riffs bleiben im Hintergrund, um den akustischen Instrumenten mehr Raum zu geben. Marshall will keine Nacken brechen, sondern Gänsehaut erzeugen. Das gelingt ihm spätestens, wenn "Children of the Mist" in einem mehrstimmigen Refrain gipfelt, der sich auch auf dem "Braveheart"-Soundtrack gut gemacht hätte. Auch "The Awakening" hat einen solchen Refrain.
Trotz dieses Bombasts kommt das Album ohne den Tralala-Hobbit-Zuckerguss aus, in dem zu viele Folk Metal-Bands ihren Sound ertränken. Einzig der ständige Einsatz der Tin Whistle, einer traditionellen Flöte, nervt nach zwei Songs, außer man ist ein Riesenfan des Musicals "Lord of the Dance", in dem diese ätzende Flöte eine Hauptrolle spielt. Überhaupt hängt es stark von der Stimmung ab, ob man bereit ist, sich "Aura" in voller Länge anzutun. Das Album erfordert viel Geduld und Aufmerksamkeit, sonst rauscht es an einem vorbei. Selbst bei erhöhter Konzentration bleibt von den ersten Durchgängen wenig mehr in Erinnerung als die Refrains der erwähnten beiden Songs.
FAZIT: "Aura" ist mehr Soundtrack als Metal. Ein schönes, stellenweise ergreifendes Album, von dem die meisten Hörer nach der Hälfte genug haben werden, weil es gleichmäßig und arm an Höhepunkten ist. Wie die schottischen Highlands, die es inspiriert haben.
Punkte: 10/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 13.06.2014
Andy Marshall
Andy Marshall
Andy Marshall
Austin Lunn
Andy Marshall, Austin Lunn, Johan Becker, Nevena Krasteva
Northern Silence Productions
56:37
20.06.2014