Na, ihre designierte Genrezugehörigkeit wissen SCRAPS OF TAPE schon mal gehörig auf den Kopf zu stellen. Den Postrock spricht man ihnen gemeinhin zu, wenn auch in einer alternativeren Variante, aber zwei Songs lang ins neue Album gelauscht und man möchte es schnurstracks in die Indie-Schrammelecke verweisen, ohne Chance auf Bewährung, und vor allem ohne Chance auf Postrock.
Da hat man aber nicht mit der Wandlungsfähigkeit des inzwischen fünften Albums der Schweden gerechnet. Auf einmal kommt „Hands In Hands“ und verströmt das gute alte Pathos mit der Haltung früher MOGWAI. Eine prägnante Basslinie, flirrende Gitarren und zerbrechlicher Gesang brennen sich schnell zu einer betörenden Masse fest. Die Stimmung kippt vollständig, so als habe man sich als Band gerade erst zusammengefunden; dabei wird in diesem Jahr bereits 13-jähriges Bestehen gefeiert.
Anschließend vermischen sich die eingangs separat behandelten Bestandteile und ergeben wogende Indie-Hymnen, in Bewegung gebracht durch noisige Post-Riffs, die auch die Hardcore-Vergangenheit nicht verbergen – eine Kombination, die dem ungeschliffenen Charakter von DREDGs Debüt „Leitmotif“ nahe kommt. Schwierig, dies zu bewerten; sämtliche nachfolgende Stücke klingen wie aus Geröll modelliert und sind daher nicht frei von Makel, weisen aber immer wieder feingeschliffene Texturen auf, die zu erfahren es lohnt. Dabei überzeugen die einzelnen Tracks jeweils in anderen Kategorien; „Vultures With High Heels“ etwa hat seinen Höhepunkt im harten Geschrammel, „A Neverending“ hingegen überzeugt eher durch seine spannungsschürende Intimität und die starke Präsenz des Textes. Uneinheitlich auch der Umgang mit dem Mikrofon; nur selten und sehr selektiv gestattet sich der Sänger, ausgewählte Stücke mit seinen Vocals zu bereichern, was die Heterogenität im Gesamtkontext noch weiter fördert.
FAZIT: Eher ein Album, das schwach mit Indie-Powerrock von der Stange beginnt und sich nach dem Muster „zwei vor, eins zurück“ insgesamt steigert. Ein erstes Highlight ist „Hands In Hands“, dann überraschen immer wieder einzelne Passagen mit enormer Ausdrucksstärke, wobei erst zum Ende hin vollends die Mischung gefunden zu sein scheint. In jedem Fall ein extravagantes Album, das auf der Grenzziehung zwischen Post Rock, Noise und Indie balanciert und somit für eine eher kleine Gruppe eine umso größere Offenbarung darstellen dürfte, aller Unebenheiten zum Trotz.
Punkte: 9/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 03.03.2014
Kenneth Jansson
Johan Gustavsson, Marcus Nilsson
Jerker Kaj, Johan Gustavsson, Marcus Nilsson
Fredrik Gillhagen
A Tendervision Recording
36:26
14.03.2014