Auf seinem siebten Album geht der preisdotierte Engländer an die Wurzeln des Liedermachertums, indem er wie ein britscher Bruder Grimm die Geschichten der einfachen Leute seines Landes sammelt und weitererzählt, bloß eben mit Musik, die im Fall von "Word Of Mouth" kaum britischer ausfallen könnte.
Seth Lakeman hat seinen Folk-Stil längst so ausbalanciert, dass er zugleich authentisch an den Wurzeln kratzt und dennoch dem Mainstream gefällt, letzteres allein schon durch die üppige Produktion des aktuellen Stoffs mit zwar traditionellen Instrumenten ("Last Rider" schielt mit Banjo und Percussion gar in die Vereinigten Staaten), aber eben auch Orchester-Bombast und abgefeimten Gesangsarrangements ("Portrait Of My Wife"). Das Ganze wurde aber so dynamisch inszeniert, dass man sich als Hörer - ganz ohne kitschige Klischees von der ländlichen Idylle bemühen zu müssen - auf einer saftig grünen Wiese wähnt.
Ferner hat Lakeman Melodien und davon ausgehend Refrains in der Hinterhand, die jeden packen, ob schwer zu überraschende Musiknerds oder den Gelegenheitshörer am Autoradio. Dabei taucht er beide Parteien häufig in ein Wechselbad der Gefühle, sei es mit dem zwischen Drama und Frohlocken changierenden "The Courier" oder dem spannenden "Tiger" mit seinem Streicher-Drone im Hintergrund.
Die zweistimmigen Balladen "The Saddest Crowd", "Bal Maiden", "Labour She Calls Home" und "Another Long Night" leben vom Gesang, der hymnische Opener von der schieren Klanggewalt der Instrumentierung, hat aber genauso wie "The Ranger" ein Hook für die Massen ganz ohne reißerische Anmutung. Letztlich ist "Word Of Mouth" deshalb auch trotz seiner vordergründigen Opulenz vor allem eines: ein tiefgründiges und nachhaltiges Werk im Bereich zeitgenössischer Folk-Musik, die sich nicht auf abgeschmackten Traditionals ausruhen möchte.
FAZIT: Wer glaubt, erdiger Folk und Moderne schlössen einander aus, sollte "Word Of Mouth" hören. Seth Lakeman gehört ganz ohne Affektiertheit und Stereotypen die Zukunft eines Genres, das zwischen Indie-Dilettantismus und Dylan-Altklugheit viel zu wenige Alternativen kennt.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 13.02.2014
Cooking Vinyl / Indigo
47:39
31.01.2014