„Beauty & The Beat“, das sind die ehemalige NIGHTWISH-Chanteuse und jetzige Solo-Künstlerin TARJA TURUNEN und der Schlagzeuger MIKE TERRANA, dessen Karriere von AXEL RUDI PELL, TONY MACALPINE, YNGWIE MALMSTEEN, RAGE und einigen anderen illustren Namen flankiert wird. 2011 kam es zu einer Aufführung mit dem Beauty & The Beat-Konzept; die Schöne TARJA , ein Orchester (bei vorliegender Aufnahme ergänzt um ein elektronisches Keyboard) und der Schläger TERRANA spielen konzertante Musik. So erfolgreich, dass man es nicht beim Unikat beließ, sondern eine Konzertreihe daraus gestaltete, um schließlich einen Auftritt auf zwei CDs und DVD/BluRay zu bannen.
Die erste Frage, die sich stellt: Für wen ist das Ganze gedacht? Für den Klassikfan, der sehen und hören möchte wie „seine“ Musik mit Schlagwerk-Begleitung wirkt oder für den Hard-Rock/Heavy-Metal/Rock-Aficionado, der einen Einblick in die Welt der Klassik bekommen möchte? Dem anwesenden, eher gesetzten, Publikum (Headbangers anywhere?) immerhin scheint es zu gefallen.
TURUNEN und TERRANA kommen ganz sympathisch rüber, wenn auch die kleinen Gags (nur auf DVD/BluRay) bestenfalls den trockenen Charme von Schulaufführungen besitzen. Gesanglich überzeugt TARJA TURUNEN respektabel, bleibt jedoch unauffällig im Schatten von Referenzaufnahmen (- nach eigenem Gusto. Bei mir sind dies beispielsweise EDITA GRUBEROVA und ihr „Mein Herr Marquis“ oder die Interpretationen der MUPPETS und besonders SARA VAUGHANs von „I Feel Pretty“). Auf der Doppel-CD wird die Teilung in einen klassischen und einen rockigen Part konsequent betrieben. Wobei Beides eher Behauptung bleibt. Geboten wird ein buntes Potpourri populärer Melodien, hausbacken und ohne augenscheinliche Konzeption zusammengestellt, mit wenig Gespür interpretiert und vor allem arrangiert.
Bach trifft auf Puccini, Lehar und Leonard Bernstein, R. Strauss konkurriert mit seinem vornamenlosen Nachnamensvetter (aus gut unterrichteten Quellen wissen wir, dass er Johann heißt); Bizets „Carmen“ darf (auf DVD/BluRay) ebenso wenig fehlen wie Offenbachs „Can Can“, Rossinis „Barbier von Sevilla“, seine „Wilhem Tell Ouvertüre“ sowie Mozarts „Kleine Nachtmusik“. Antonín Dvoráks Sinfonie „Aus der neuen Welt“ wird in knapp drei Minuten verwurstet. Die Arrangements sind auf den Knalleffekt hin angelegt, Eröffnungshymnen für ein Rock-Konzert zu dem die Band nie einsteigt. Spätestens bei der „Kleinen Nachtmusik“ wirkt das Ganze, als hätte man eine zierliche Primaballerina zu einem Kirmesboxer in den Ring geschickt, um dann von außen freudig zuzuschauen wie sie vermöbelt wird.
Die von TARJA ohne Schlagzeugbegleitung gesungenen Stücke wirken dezenter, doch leiden sie an der Willkürlichkeit des Konzepts, das sich nicht um Zeiten und Stimmungen schert. Der Klassikteil ähnelt jenen Benefizplatten, die es vor Jahrzehnten zuhauf gab, in denen ein ähnlicher inhaltlicher Mischmasch herrschte, der alleine auf massentaugliche Gefälligkeit hin ausgerichtet war. Immerhin gingen damals eine Mark pro verkaufter Platte an die „Aktion Sorgenkind“ oder „Brot für die Welt“.
Am besten funktionieren die Songs aus TARJA TURUNENs eigenem Repertoire. Hier sind Orchester, Sängerin und Schlagzeuger eine Einheit, die TURUNENS bereits auf sinfonische Größe angelegte Musik stimmungsvoll und adäquat rüberbringt. Das QUEEN-Cover „You Take My Breath Away“ toppt den Kitsch-Faktor des Originals mit großem Chor und gefühliger Interpretation locker, das LED ZEPPELIN-Medley beginnt mit Schwung und lässt den „Stairway To Heaven“ im Kaffeehaus mit Stehgeiger enden. FRANK SINATRAs „Fly Me To The Moon“ mit TERRANA als Sänger und TURUNEN an den Drums ist ganz ulkig. Sticht aber als Fremdkörper aus diesem Sammelsurium von Fremdkörpern noch einmal hervor.
FAZIT: Nicht ganz so schlimm wie ANDRÉ RIEU, RONDO VENEZIANO und Konsorten, aber nicht weit davon entfernt. Wäre „Beauty & The Beat“ auf TARJAs eigene Songs und Verwandtes beschränkt geblieben, hätte etwas aus den volltönenden Aufnahmen werden können. So ist das, bis auf die erwähnten Ausnahmen, ein schlimmer Anfall von aus der Zeit gefallener Bildungsbürgermucke mit Möchtegern-Pep und realem Pomp. Wird weder Klassik noch Rock gerecht.
Sollte dennoch Interesse an einem Erwerb bestehen, ist die DVD/BluRay der CD-Version vorzuziehen, denn die visuelle Umsetzung und die kleinen TERRANA-Gags lenken gelegentlich von dem käsigen musikalischen Inhalt ab.
Leider zeigt sich diese Geringschätzung des klassischen Beitrags auch darin, dass es nirgendwo im Booklet der (Promo-)CD/DVD oder dem Presse-Info einen Hinweis gibt, welches „50-köpfige Orchester sowie Chor“ TARJA TURUNEN und MIKE TERRANA begleiten und wie der Dirigent heißt.
PS.: Ein kleiner Nachtrag oder eine Zeitreise. Gleiches Programm, gleiche Frisur, gleiches Instrument . Fehlt nur noch Young Tarja. Zeigt explizit die kindliche Konzeption und zwar <a href="http://www.frequency.com/video/this-is-amazing-watch-this-3-year-old/181090687/-/5-11171" rel="nofollow">HIER</a> ;-)
Erschienen auf www.musikreviews.de am 02.07.2014
Tarja Turunen, Mike Terrana, Chor
Mike Terrana, Tarja Turunen
50-köpfiges Orchester
earMusic/Edel
CD1: 53:19/CD 2: 44:42/DVD: ca. 135
30.06.2014