Weia, das liest sich wie ein Horror-Szenario aus der Mottenkiste abtörnender Rock-Klischees: Beim Bravo-Otto-Schülerwettbewerb den zweiten Platz gemacht (reicht nicht für die Simpsons), auf dem ‚Hanni und Nanni‘-Soundtrack zwischen den VERONICAS und QUEENSBERRY vertreten, als Vorband von SILBERMOND und IN EXTREMO aufgespielt, Sängerin Charlotte „Charly“ Klauser darf bei PETER MAFFAY live mitträllern; und die bislang agierenden Rezensenten wedeln sich zehn von zehn Kokosnüssen von der mickrigen Palme im gepflegten Konsens-Pop-Rock-Schlock-Urwald.
Doch Entwarnung, ganz so schlimm wie befürchtet wird es nicht. In der sehr wohlwollenden Kritik zum Debüt hat Kollege Seidt die Marschrichtung benannt, der THE BLACK SHEEP auch auf „Politics“ strikt folgen: „Das Album ist mit seiner kommerziellen Produktion und der ausgeglichenen Mischung aus flottem und ruhigem Material sehr auf Massentauglichkeit ausgelegt“.
Wohl wahr, Musik für‘s Formatradio, die man beim Autofahren gelegentlich ganz gerne hört, hin- und hergerissen zwischen Mitwippen im Takt oder fixem Senderwechsel.
Die vier Mädels geben sich Mühe, spielen ihre Instrumente rechtschaffen und „Charly“ hat eine starke, einnehmende Stimme, der man gerne zuhört. Die Musik ist eingängig, changiert zwischen laut und leise, ohne dass die lauten Stellen wehtun und die leisen beißen.
Geht rein wie raus, sodass es fast egal ist, ob man die Melodien kennt, es einem nur so vorkommt oder man sie nach dem erstmaligen Hören bereits wie alte Bekannte wahrnimmt. Gefällt, wenn die gleichförmigen Strukturen von großem Pomp und Pathos durchbrochen werden. Was interessanterweise beim intendierten Hit „Make Of Me” (gibt es auch ein Video zu) geschieht, der nicht im gleichförmigen Rhythmus vor sich hin wabert und aufquillt, sondern abgesehen vom Refrain, erfreulich abwechslungsreich und zurückhaltend (was die Instrumentierung angeht) agiert. Gleiches gilt für die abschließende – und einzig konsequente – Ballade „Fireless“. Hier wirken THE BLACK SHEEP konzentriert und fokussiert, anstatt sich in einer groß klingenden aber letztlich hohltöneneden Effektorgie zu verlieren.
„Do or Die“ geht als vollfetter Powerpop durch, findet aber gleich seinen hässlicheren Zwilling im folgenden „Leaders Of The World“. Ein Buchstabe kann viel verändern: Poser-Pop der mäßigen Sorte. Wird getoppt von der ehrenwerten, aber unakzentuierten, aufgeblasenen MANIC STREET PREACHERS-Coverversion „Motorcycle Emptiness“. Was für eine Blaupause, in Bausch und Bogen verbrannt. Gilt ebenso für „Still Gone“, das sowohl die balladesken wie heftigeren Momente völlig verhunzt. „Kotz, spei, würg“, um es mit Don Martin zu sagen.
Goutierbar sind das Titellied, eine so berechnende wie berechenbare Powerballade, die ihre Wirkung bei harmoniesüchtigen Seelchen (wie ich eins bin) nicht verfehlt. Das Feuerzeug wird gezückt und im Takt geschwenkt. Gefällig auch die druckvollen „Compliments“ und „Hypocrisy“ als prallste jener überdimensionierten Pop-Ballons, die fröhlich und bunt gen blauen Himmel fliegen, aber selbst am Höhepunkt ihres Steigfluges nicht verleugnen können, dass sie mit heißer Luft gefüllt sind. Im Überfluss. Gilt auch für das cholesterinreiche Monster „No Other“, geradezu kennzeichnend für ein Album wie ein Baiser vom Hofbäcker: Viel zu süß, wenig nahrhaft und trotzdem lecker. Nach dem Genuss bleibt allerdings die reumütige Frage: „Warum mag ich so was bloß?“
Deshalb.
FAZIT: Wer auf gut gemachten, glattpolierten, melodischen Powerpop mit nur wenigen Ecken und Kanten steht, der kann beherzt zum aktuellen Album von THE BLACK SHEEP greifen und der Wertung drei bis vier Punkte hinzu addieren. Angesichts der launigen, aufgedonnerten und schablonenhaften Songs gilt für mich allerdings: Ich will die BANGLES wiederhaben!
Punkte: 7/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 11.02.2014
Katja Stoffels
Charlotte Klauser
Johanna Klauser
Claudia Lippmann
intono records/rough trade
44:26
14.02.2014