Eine Reminiszenz an die gemeinsame Vergangenheit? Spielt der Albumtitel doch auf die Vergangenheit der kanadischen Musiker an, als sie noch unter dem Namen SENSE firmierten. Stéphane Desbiens war außerdem mit den wenig geliebten QUAARN aktiv und präsentiert mit „Making Sense“ bereits das vierte D Project-Album seit 2007. Wieder ergänzt um bekannte Gäste wie Sänger Sean Filkins (ehemals BIG BIG TRAIN), Keyboarder Guillaume Fontaine (NEMO) oder Claude Leonetti (LAZULI) an der Léode. Ihr erkennt sie, wenn ihr sie hört.
Zunächst ist man geneigt, Band und Album in die Rubrik „PINK FLOYD und die Folgen“ einzuordnen. Es gibt auch klare Verweise in die Mittsiebziger bis hin zur von David Gilmour geprägten Phase. Dazu trägt natürlich bei, dass Stéphane Desbiens Gesangsstimme nicht allzu weit von Gilmours entfernt ist. Doch es dauert nicht lange, dann verlässt das D PROJECT die eingeschlagene Bahn. Jazz-Prog heißt das zweite Standbein der Formation und der wird teilweise bis zum freien Exzess ausgelebt. Doch keine Bange, der allgemeine Wohlklang wird nur pointiert eingeäschert.
Meist bewegt man sich in gefälligen Bahnen, die abwechslungsreich instrumentiert werden. Violine, akustische Gitarren (bis hin zum Flamenco im „Spanish Castle“), die bereits erwähnte Léode und vielfältiger Saxophon-Einsatz sorgen für einen Kessel Buntes, der nur manchmal ein wenig disparat wirkt. Gelegentlich wird mit schlichterem Melodic-Rock geliebäugelt („Dagger“), was zu weniger erfreulichen Ergebnissen führt. Könnte schlimmer kommen, aber die Band hat den Beleg, dass sie Single-Prog können, nicht nötig.
Glücklicherweise wird der Ausklang mit dem längsten Stück des Albums, dem neuneinhalbminütigen Out Of Range/Out Of Line“ wieder komplexer, leidenschaftlicher und erfreulicher. Hier besinnen sich D PROJECT auf ihre Stärken PINK FLOYD und Jazz Rock, angereichert mit einem Touch GENESIS-Retromantik und dezenter Härte. Das können die Kanadier, quer durch unterschiedliche Stimmungen und Stilrichtungen schippern, ohne Schiffbruch zu erleiden. Lediglich die Wiederholungen des Refrains hätten ein wenig sparsamer ausfallen können. Und ein vernünftiges Finale statt schnödem Ausblenden hätte ebenfalls für weitere Pluspunkte gesorgt.
FAZIT: D PROJECT sind so etwas wie die Villa Kunterbunt des Prog. Elegische Retro-Rock-Passagen (plus ein bisschen Härte dann und wann) wechseln sich ab mit verschärftem Jazz bis an den Rand der Atonalität. Die gefühlvollen Strukturen werden aber nicht zerstört, sondern bloß ein bisschen aufgemischt. Gefällt wohl, auch wenn das Ergebnis nicht immer komplett kohärent wirkt. Langweilig wird es nicht.
Punkte: 10/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 11.08.2014
Mathieu Gosselin
Stéphane Desbiens, Sean Filkins, Kathleen Webster, Francis Foy, Francois Berube
Stéphane Desbiens
Stéphane Desbiens, Guillaume Fontaine
Jean Gosselin, Jean Etienne Collin Marcoux
Claude Leonetti, Giovani Ortega (sax), Marie Noel Harvey (vio.), Isabelle Cormier (vio.), Marie Pier Gagne (cello), Sylvain Laberge (fl.)
Universal Music Canada/Just For Kicks Music
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04.07.2014