Mehr als die allermeisten ihrer Konkurrenten dürfen sich die Mitglieder der Pfälzer Prog-Metal-Band VANDEN PLAS als Künstler bezeichnen. Nicht nur, dass die Musik, die sie seit mittlerweile 20 Jahren veröffentlichen, künstlerisch anspruchsvoll ist. Auch die Verschmelzung von Rock- mit Theaterbühne spielt bei VANDEN PLAS seit Jahren eine große Rolle. So hat auch das siebte Studioalbum „Chronicles of the Immortals – Netherworld“ bereits seine Feuertaufe – als speziell für die Theaterbühne adaptierte Version, versteht sich –bereits im Pfalztheater in Kaiserslautern bestanden.
Fluch und Segen dieser eng verzahnten Arbeit zwischen Theater und Prog Metal liegen allerdings dicht beieinander. Das Positive: Das, im besten Wortsinn, „Theatralische“ dieses Albums kommt glaubwürdig rüber, birgt mit Zwischensequenzen oder gesprochenen Passagen hohes Potenzial, den Hörer auch längerfristig bei der Stange zu halten. „Chronicles of the Immortals – Netherworld“ ist als Konzeptalbum angelegt, basiert auf dem Romanzyklus „Die Chronik der Unsterblichen – Blutnacht“ des Fantasy-Autoren Wolfgang Hohlbein, entsprechend dicht gewebt gestaltet sich die Atmosphäre des Albums.
Auf der anderen Seite – und das wird vor allen Dingen diejenigen ein wenig stören, die mehrheitlich eher dem Progressive Metal statt der Theaterbühne zugewandt sind – fehlen dem Album ein paar Donnerschläge. Hier und da gibt es mal einen kleinen härteren Ausbruch, doch überwiegend bewegt sich das Songmaterial im getragenen Midtempo, versehen mit zahllosen feinen, unaufdringlichen Melodien, die nicht beim ersten Mal in den Kopf gehen, sondern erarbeitet werden wollen. Nun erwartet wohl niemand von einer melodisch geprägten Band wie VANDEN PLAS ein „Reign In Blood“, aber die eine oder andere Kante würde man sich schon wünschen angesichts zahlreicher sorgfältig geschliffener Midtempo-Dramen. Dankbar saugt man da schon die etwas kräftiger zu Werke gehenden Gitarren in „New Vampyre“ auf, die aber leider insgesamt zu selten auftauchen.
Bevor wir uns falsch verstehen: Auch „Chronicles of the Immortals – Netherworld“ ist ein künstlerisch hoch wertvolles Album, technisch brillant eingespielt, versehen mit den gewohnt fantastischen Vocals von Andy Kuntz. Oftmals wirken die Songs wie – und das darf man durchaus als hohes Lob auffassen – eine geschliffene DREAM-THEATER-Sonate. Und so lange Hits wie „The King And The Children Of Lost World“ an Bord sind, sind im Grunde genommen alle Kritikpunkte obsolet.
FAZIT: Progressive Metal ist als Schublade für das Werk VANDEN PLAS‘ zu klein – doch als Anhänger genau dieser Stilrichtung würde man sich wünschen, dass die Band in Zukunft den Schwerpunkt doch ein kleines bisschen mehr wieder in Richtung versiffter Rockclubs rückt statt auf die schweren Holzbohlen der Theaterbühne.
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 03.03.2014
Torsten Reichert
Andy Kuntz
Stephan Lill
Günter Werno
Andreas Lill
Frontiers Records
57:52
28.02.2014