Der audiovisuelle Rückblick auf das Wacken Open Air 2013 ist gewohnt umfangreich ausgefallen. Auf drei DVDs/Blurays und einer Spielzeit von über zehn Stunden bekommt man 43 Bands und 106 Songs geboten, zudem gibt es eine Doppel-CD, die 32 Songs zu bieten hat. Die sind jedoch auch alle auf den DVDs enthalten, so dass hier kein Mehrwert erhältlich ist.
Das Geschehen auf den Bühnen wird in guter Bildqualität dargestellt, während die Soundqualität davon abhängt, wie es auch beim Festival selber klang. SOILWORK klangen vor Ort mies und so ist auch der Sound auf der DVD bei ihren drei Songs reichlich mau. Allerdings nicht so miserabel, wie bei den drei Stücken der Pagan Metaller BLACK MESSIAH. Die Hauptkritikpunkte an dieser Zusammenstellung sind jedoch andere. So werden die Bands und Songs weitestgehend ohne erkennbare Ordnung auf die drei Scheiben verteilt. Zwar liegt der Fokus bei den Discs 2 und 3 auf dem Geschehen auf den Zeltbühnen, aber ansonsten wirkt die Verteilung willkürlich. Ebenfalls fragwürdig ist die Anzahl der Songs pro Band. Vermeintlich große Bands werden manchmal mit nur einem Song gezeigt, während kleine Bands, die noch nicht einmal bemerkenswerte Auftritte abliefern, mit drei oder mehr Songs vertreten sind.
Nachdem man sich anfangs durch drei Songs von SABATON gequält hat und TRIVIUM mit einem Song gelangweilt haben, gehen die drei ANTHRAX-Stücke mit Joey Belladonna in Ordnung. ANNIHILATOR machen beim Zuschauen Spaß, AGNOSTIC FRONT nur, wenn man Hardcore mag. Die britischen Hardrocker THUNDER liefern musikalisch souverän ab, von DEEP PURPLE gibt es leider nur einen Song. Einen Lemmy im desolaten Zustand sieht man bei den beiden MOTÖRHEAD-Tracks, dieser Auftritt wurde bekanntlich nach dem vierten Song abgebrochen. Dementsprechend hätte man sich diese Songs auch schenken können. Sehenswerter wird es bei ALICE COOPER, dessen Auftritt separat auf DVD verwertet wurde und DORO ist eben DORO. Die Stücke von RAGE mitsamt Orchester kommen ganz gut rüber, das Festivalhighlight waren jedoch NIGHTWISH. Auch ihr Auftritt wurde von der Band selber veröffentlicht, insofern gibt es hier nichts, was man nicht kennen würde.
Die PRETTY MAIDS sind inzwischen gar nicht mehr so pretty, aber live nach wie vor eine Bank. UGLY KID JOE sehen dagegen immer noch jung aus und holen MOTÖRHEADs Phil Campell fürs "Ace Of Spades"-Cover auf die Bühne. Bei SONATA ARCTICA gießt es in Strömen, während man bei IHSAHN sieht, dass das Wacken-Publikum nicht wirklich sein Publikum ist. Im Zelt überzeugen die italienischen Power Metaller SECRET SPHERE ebenso wie MUSTASCH. Die englischen Hardrocker HEAVEN'S BASEMENT kann man sich angucken, muss man aber nicht. FOZZY und EMERGENCY GATE kann man skippen, WHITECHAPEL beeindrucken zumindest spielerisch. RAGNAROK sind nur optisch Schwergewichte in Sachen Black Metal, musikalisch eher primitiv. CORVUS CORAX stehen mit einer Extraportion Trommler auf der Bühne und covern Amon Amarth (!), von AMORPHIS wären Ausschnitte aus dem ersten Teil des Auftritts, der unplugged darbgeboten wurde, spannender gewesen.
LEGION OF THE DAMNED haben guten Sound und auch DEW-SCENTED thrashen ordentlich. Mit HATE SQUAD geht es in die 90er, die Alternative Rocker RUN LIBERTY RUN haben jedoch gar nichts auf dieser DVD zu suchen und nerven mit einer Dubstep-Rock-Version von David Guettas Popnummer "Titanium" kollossal. NULLDBs NDH-Sound ist kaum der Rede wert, der Punk von SERUM 114 kommt besser. Höhepunkt von Disc 3 sind die drei Songs der KASSIERER, die mit purem Dilettantismus begeistern. Die KAMIKAZE KINGS stehen auf alberne Kostüme und Tanzmäuse, während ALPHA TIGER das musikalische Niveau massiv nach oben schrauben. Kennt jemand CHROME MOLLY? Die spielen Hardrock, der keinem weh tut, was im Grunde auch für den Western Metal der DESPERADOZ gilt.
Im Bonusmaterial gibt es eine Dreiviertelstunde lang Interviews mit Festivalbesuchern, die im Grunde genommen noch das Spannendste an diesem Dreierpack sind. Auch wenn der Kommentator in diesem Teil reichlich lahmarschig klingt.
FAZIT: Mehr Masse als Klasse bietend, taugt diese DVD nur teilweise zum Auffrischen der Erinnerungen an das Festival und um zu sehen, was man so verpasst hat.
Erschienen auf www.musikreviews.de am 17.11.2014
UDR/Warner
606:00
25.07.2014