Mit den Emotionen im Heavy Metal ist das so eine Sache. Schnell neigt der gemeine (welch brillanter Doppelsinn...) Metaller dazu, emotionale Musik mit Kitsch gleichzusetzen. Ein Vorwurf, der eine Band wie WHILE HEAVEN WEPT in der jüngeren Vergangenheit traf - und der auch „Suspended At Aphelion“ treffen wird.
Das Konglomerat aus Doom (weniger), Epic (mehr), Progressive und Melodic Metal hat seine Momente, die der weniger zart besaitete Hörer schnell in Richtung Käsetheke schieben wird. Da die Beurteilung von Musik stets höchst subjektiven Kriterien unterliegt, ist das natürlich legitim. Aber aus subjektiver Sicht des Kritikers ist das schlicht und ergreifend: Quatsch. „Suspended At Aphelion“, dieser gut 39 Minuten lange, în elf Kapitel unterteilte Mammutsong, bietet derart monumentale Melodien, ergreifende Lyrik, einfach ein bis ins letzte Detail ausgearbeitete und liebevoll ausgestattete Konzept, das einfach nur atemberaubend ist.
Sicher: Man braucht ein paar Durchgänge, bis man „Suspended At Aphelion“ in Gänze aufgenommen und verstanden hat. Es gibt am Anfang Momente des Zweifelns. Ist „Introspectus“ als Eröffnungs-Instrumental nicht zu lang geraten? Ist „Icarus And I“ als Quasi-Opener nicht ein wenig zu unspektakulär? Sind nicht zu wenige „richtige“ Songs enthalten, zu viele Interludien und kurze Zwischensequenzen? Nein, nein und nochmals nein. WHILE HEAVEN WEPTs Chef Tom Phillips hat mit „Suspended At Aphelion“ sein musikalisches Lebenswerk (vorläufig) gekrönt.
Angefangen vom bereits erwähnten „Introspectus“, das sich mit sanften Gitarrenklängen jegliche Zeit nimmt, die es braucht, über das härte- wie stimmungstechnisch abwechslungsreiche „Icarus And I“, die phänomenale Hymne „Ardor“, das zum Heulen schöne (Emotionen und so, ihr wisst?) „Heartburst“, das Progressive-Metal-Achterbahn-Instrumental „Indifference Turned Paralysis“, das treibende und komplexe „Souls In Permafrost“, das wie „Ardor“ in einen formidablen Chorus mündet, bis hin zum abschließenden „Retrospectus“, das den musikalischen Faden des Intros wieder aufnimmt: Hier stimmt so gut wie alles. Melodien zwischen Verzweifelung und Zuversicht, große Lyrik, Klangbilder in epischer Bandbreite und allen Facetten, musikalische Komplexität und doch Nachvollziehbarkeit, exzellente Vocals von Rain Irving. Oder, schlicht gesagt: Ein wahres Kunstwerk epischen Ausmaßes.
FAZIT: Zwischen progressivem Metal, ausschweifendem Epic Metal und melodiösem Doom Metal haben WHILE HEAVEN WEPT ihre Nische gefunden, in der sie so gut wie konkurrenzlos sind. Mit Melodien, wie sie nur Tom Phillips zu schreiben in der Lage ist, liefert auch „Suspended At Aphelion“ Kopfkino par excellence. Und wer meint, dass hier manches ins Kitschige abdriftet, dem sei gesagt: WHILE HEAVEN WEPT spielen Musik, die vom Herzen kommt - und die Seele berührt.
Punkte: 14/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 23.10.2014
Jim Hunter
Rain Irving
Tom Phillips, Scott Loose
Michelle Schrotz, Tom Phillips, Jason Lingle
Trevor Schrotz
Nuclear Blast
39:11
24.10.2014