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Ad Vanderveen: Presents Of The Past/Requests Revisited

Stil: Roots-Country-Folk-Rock

Cover: Ad Vanderveen: Presents Of The Past/Requests Revisited

„A great acoustic experience in a tiny little theatre“, steht als Überschrift auf der Website der “acoustic alley” im Theater De Steeg in Den Haag. Wie passend. Denn dort hat AD VANDERVEEN den „Presents Of The Past“-Part seines aktuellen Doppelalbums aufgenommen. Live eingespielt, aber ohne Publikum und später im Studio überarbeitet. Macht nichts, die Songs klingen tatsächlich nach intimer Performance, einem trauten Liederabend unter Freunden.

Das mit dem „acoustic“ sollte man – wie bei vielen „unplugged“-Projekten – nicht für bare Münze nehmen, besonders zum Ende hin meldet sich eine elektrische Gitarre dezent aber unverkennbar zu Wort (und auch das Piano trägt mitunter ein „E“ als Vornamen). Im Gros regieren die akustischen Saiten, neben Gitarre und Bass bekommt auch das Banjo einiges an Einsatzzeit. Mundharmonika dazu ist Pflicht, für bemerkenswerte Akzente sorgt das Akkordeon, wie beim folkigen „World So Crowded“ oder dem gefühlvollen „Another Life“, bei dem Kersten De Ligny – nicht zum ersten Mal – als Duettpartnerin AD VANDERVEENs glänzt.

„Presents Of The Past“ ist introvertierte, gedankenvolle Musik, die zwischen Folk, vorsichtigem Roots-Rock und düsterem Country, beseelt von Johnny Cash („Welcome To My Kitchen, besonders der Einstieg), pendelt. VANDERVEEN und sein Ensemble beherrschen ihr Metier, das vierzigminütige Album klingt heimelig und offen; quasi zwischen gemütlicher Küche mit Kacheloffen im Zentrum und lauschigem Nachtlager unter sternenklarem Himmel angesiedelt. So zurückhaltend wie einnehmend, auch wenn die großen Höhepunkte fehlen.

Die der zweite Part liefert. „Requests Revisted“ sind genau das: (Live-)Favoriten der Hörer VANDERVEENs neu eingespielt. Hier besetzt der Musiker die Nische zwischen NEIL YOUNG und TOM PETTY und füllt den großzügig ausgestatteten Raum mit seiner eigenen Persönlichkeit. Es geht deftiger zu als auf den überwiegend akustischen „Presents Of The Past“, ohne mit einer überbordenden Rocker-Attitüde dick aufzutragen. Ist auch nicht nötig, denn die eingängigen und ausgefeilten Stücke überzeugen auf ganzer Linie. Melodien, die haften bleiben, altersmilde Melancholie gepaart mit kritischen Lyrics ergeben einen exzellenten Überblick über das mehr als zwanzigjährige Schaffen des niederländischen Songwriters. In den sorgsam aufgepeppten neuen Interpretationen auch für alte Bekannte hörenswert.

Und dann gibt es noch den ‚Hidden Track‘ „Water Under The Bridge“. Zunächst schwant einem übles, denn der Song wird mit rund zwanzig Minuten ausgewiesen. Sieht nach ziemlich viel Stille und ein bisschen Musik zum Schluss aus – eigentlich schien dieser überflüssige Neunzigerjahre-Gag längst ausgestanden. Aber, oh Wunder, „Water Under The Bridge“ ist tatsächlich ein Longtrack von 19‘:58‘‘ Dauer. Der Beginn ist sachte, nicht unerwartet mit akustischer Gitarre, dann aber setzt eine Klarinette ein und eröffnet einen opulent besetzten Reigen, der sich vom intimen Ausklang zum großformatigen Epos steigert. Mehrere Gitarren und Bässe, doppelte Drum- und Hammond-Besetzung. Einer der Organisten ist der hochgeschätzte Al Kooper, während sich unter den Bassisten Sessionlegende Leland Sklar befindet. Werft einen Namen in die Runde – Sklar hat mit ihm gespielt.

AD VANDERVEEN spendiert als Finale, lässig und mit Wucht, einen orgiastischen Monstersong, der alleine den Kauf des Doppelalbums rechtfertigt.

FAZIT: ”Presents Of The Past/Requests Revisited” kombiniert aktuelle akustische Preziosen mit neu aufgelegten Favoriten aus einem Vierteljahrhundert Musikerleben. Die nachdenklichen „Presents Of The Past“ sind berückende Petitessen, mal eindringlich, mal ein wenig seicht eingespielt. „Requests Revisted“ zeigt einen Musiker und eein Ensemble von hoher Intensität, melodischer Vielseitigkeit und dem Vermögen einen zwanzigminütigen Longtrack ohne Hänger als faszinierenden Gipfelpunkt einzuspielen. Packender Roots-Rock, der Jazz, Folk, Country und das richtige Maß an Pathos einbindet. Groß(artig)es Opus Magnum.

Punkte: 12/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 16.09.2015

Tracklist

  1. CD 1:
  2. Presents Of The Past
  3. Welcome To My Kitchen
  4. Presents Of The Past
  5. Long Ride
  6. Well Never Runs Dry
  7. Small Time Real Life Stories
  8. Another Life
  9. The Future Has Changed
  10. Music Waiting For Words
  11. World So Crowded
  12. Sister
  13. CD 2:
  14. Requests Revisited
  15. First Feeling
  16. Anchor
  17. Blues So Bad
  18. Emigrant Family
  19. The Moment That Matters
  20. Well Of Wonder
  21. Soul Power
  22. Wonders Of The World
  23. Driftwood
  24. Still Now
  25. HiddenTrack:
  26. Water Under The Bridge

Besetzung

  • Bass

    Ad Vanderveen, Timon van Heerdt, Martijn van Donk, Leland Sklar

  • Gesang

    Ad Vanderveen, Rene Kaaij, Kersten de Ligny, Lynn Miles, The Maple Singers

  • Gitarre

    Ad Vanderveen; Timon van Heerdt, Philip Kroonenberg, Hand Minkema, Ronnie Roelofsen

  • Keys

    Rene Kaaij , Al Kooper, Kersten de Ligny

  • Schlagzeug

    Rene Kaaij , Ad Vanderveen, Kersten De Ligny, Roel Overduin, Harry Stinson

  • Sonstiges

    Ad Vanderveen (banjo, autoharp, harmonica), Rene Kaaij (accordion), Timon van Heerdt (lap steel), Kersten de Ligny (autoharp), Jim Morrison (violin), Karen Joy Mc Coy (violin), Maaike Peterse (cello), Arend Bouwmeester (clarinet)

Sonstiges

  • Label

    Blue Rose Records/Edel

  • Spieldauer

    CD 1: 41:31/CD 2: 68:58

  • Erscheinungsdatum

    11.09.2015

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