Starker Jazz aus Polen mal wieder … Während das musikalische Handwerk bei unseren östlichen Nachbarn speziell im Rock-Bereich noch nie Grund zur Beanstandung gab, aber oft eben nur Handwerk war und ist, dem jegliche Emotion abgeht, stimmen im "freien" Genre sowohl Hirn als auch Herz, wovon auch dieses Debüt der jungen Pianistin Agnieszka Derlak zeugt.
Fünf überlange, aber locker leichte Kompositionen bietet "First Thought", wobei das trefflich im Studio eingefangene Trio viel Freiraum zum Improvisieren braucht. Das Wunderliche daran: die Stücke verlieren nicht an Stringenz. Dies mag daran liegen, dass die fabelhaft aufeinander eingespielte Rhythmusgruppe vornehmlich auf geradliniges, oftmals rasantes Walking setzt und sich stolpernde Extravaganzen für Solo-Spots aufspart. So wird das eröffnende "Troublesome" abseits seines markanten Klaviermotivs vor allem zum Ende hin ein Showcase in Sachen Schlagzeugspiel, ehe im wie auch das harmonisch originelle "Glow" überwiegend synkopisch hüpfenden "Brainstorm" der Bass in den Brennpunkt rückt. Derlak bleibt dabei jedoch immer federführend in Sachen Melodik und bestimmt die Arrangements der ausgeschriebenen Parts mit mal dichtem, mal sparsamem Spiel.
Letzteres kennzeichnet das stille "Relief", der mit 13 Minuten längste Track auf "First Thoughts", eine intime Ballade voller spannender Interaktionen, bevor das letzte Drittel Fahrt kurzzeitig aufnimmt. "Awakening greift diesen Gestus zuletzt in kompakterer Form auf und überrascht mit kontrollierten Unisono-Parts zwischen Bass und Klavier. Am Ende sind 50 Minuten farbenfrohe Minuten vergangen, die noch einmal beweisen, dass Jazz - ob aus Europa oder anderswoher - im Dreierformat immer noch originell sein kann, wenn die Macher eine eigenen Ausdrucksweise gefunden haben.
FAZIT: Das Aga Derlak Trio debütiert mit einem stimmungsvollen, facettenreichen Werk, das eine unverkennbare melodische Handschrift trägt und dabei so gar nichts von piefiger Jazzclub-Beschaulichkeit vermittelt, sondern vielmehr Energie. Jugend an die Macht!
Punkte: 13/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 23.01.2015
Tymon Trabczynski
Agnieszka Derlak
Bartosz Szablowski
Hevhetia
50:32
23.01.2015