Überraschung des Jahres?! Als bei mir die Promo von "Envoy" eintraf, hegte ich keine sonderlichen Erwartungen an BELOW THE SUN. Doom Metal aus Russland war mir bis dahin weder in dramatisch guter oder schlechter Form begegnet, doch was das Quintett aus Krasnoyarsk auf seinem Debut (!) fabriziert, das lässt nicht nur aufhorchen: Mit beängstigender Konsequenz verbindet die Band verschiedene Stile und Einflüsse zu einer Musik, die God Is An Astronaut alt klingen lässt.
Der Aufbau geschieht behutsam und doch dramatisch: BELOW THE SUN nehmen sich viel Zeit, um ihre Lieder zu entfalten. Dabei treffen dichte mollene Gitarrenwände auf atmosphärische Einsprengsel aus Filmen, brachialer Doom Metal auf sphärischen Ambient, Death Grunts auf klaren Gesang und Flüstertöne, Didgeridoo auf Dub Step (in marginalen Anleihen). Das mag sich ambitioniert oder gar überengagiert lesen, ist es aber nicht: BELOW THE SUN verstehen sich auf eingängige, mitunter fast schon plakative Melodien – allerdings klingen sie trotzdem so erhaben, dass einige mir bekannte Musiker sicher blass werden, wenn sie diese geschmackvollen wie hypnotisierenden Arrangements hören. Es ist kaum zu glauben, dass diese Band erst vor einigen Jahren auf einer Party entstanden sein soll... vielleicht war die Vision, Voyager 1 ein musikalisches Denkmal zu setzen, ein Antrieb, der außergewöhnliche Kräfte freigesetzt hat?
Es gibt etliche Höhepunkte auf diesem Album, doch besonders bemerkenswertest ist die Tatsache, dass die Band nach vier Liedern im Doom Metal Modus zum Ambient "switcht" und es völlig natürlich klingt. Das rund viertelstündige "Drift Into Deep Space" ist dabei die außergewöhnliche Krönung eines Albums, das dem Doom Metal ganz unaufdringlich neue Klangwelten eröffnet.
Fazit: BELOW THE SUN kommen scheinbar aus dem Nichts und platzieren sich mit ihrem Debut an der Spitze massiven und experimentellen Dooms. Für Genießer hypnotisch-metallischer Meditationen zwischen Saturnus, Year Of No Light und Inter Arma dürfte "Envoy" etwas darstellen, das im Zeitalter des Konsumismus oft als "Pflichtkauf" bezeichnet wird. Solch eine Floskel könnte jedoch darüber hinwegtäuschen, dass die Russen hier einige Melodien für die Ewigkeit aus dem Ärmel geschüttelt und eine phantastische Weltraum-Messe aufgenommen haben, die über Vergleiche vorerst erhaben ist. Ganz, ganz große Überraschung!
Punkte: 14/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 15.05.2015
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