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Elliott Murphy: Aquashow Deconstructed

Stil: Singer-Songwriter

Cover: Elliott Murphy: Aquashow Deconstructed

Ein gewagtes Unterfangen, das auf ganzer Linie gelingt: Altmeister Elliott Murphy interpretiert sein 42 Jahre altes Debüt völlig neu und entweiht weder das Original, noch macht er sich mit bemühter Jugendlichkeit lächerlich. Genau hierin nämlich lag der Reiz dieses geglückten Versuchs - umdeuten und allgemeingültig machen sozusagen.

Da diese Stücke im Laufe der Jahren häufig aufgeführt wurden, entwickelten sie sowieso ein Eigenleben, als sei die Mythenbildung um den Singer-Songwriter, der immer ein bisschen als tragischer Held galt, nicht bereits bunt genug. Rief Murphy bereits damals das Ende des Rock auf, indem er es laut krachen ließ, münzt er den Opener nun auf eine zarte Elegie um, zu der seine gebrochene Stimme wie die berühmte Faust aufs Auge passt. Gleichsam verkehrt wird die Welt des einst aufbegehrenden "How's The Family", das nun mit Streichern angedickt leise tritt und das Thema Dysfunktionalität stimmungsmäßig forciert.

"Hangin' Out" wiederum kritisierte ähnlich wie "Graveyard Scrapbook" eigentlich das korrupte Musikgeschäft, das Murphy heuer entspannter betrachten darf, und so klingt die Neuinterpretation auch. Bei "Hometown" besticht vor allem die Verbindlichkeit des Texts auch nach so langer Zeit, aber unabhängig davon kann man sich an dem nachgerade prog-rockigen Arrangement mit anschwellenden Synthesizern und dann wiederum kompaktem Akustikspiel nicht satthören. Das selbstredend der Monroe gewidmete "Marilyn" war ursprünglich ein unauffälliges Stück und überrascht nun in der zweiten Hälfte mit geradezu filmhaftem (wie passend) Arrangement, fußend auf schummriger Orgel und schließlich vollständiger Bandbesetzung.

Eher unspektakulär bleibt der schmutzige, sich selbst erklärende "White Middle Class Blues", mit dem Murphy zumindest beweist, dass er immer noch kraftvoll zubeißen kann - ein stellvertretendes Stück für das Ethos hinter diesem Album: alles ist möglich, egal welche Erwartungen gestellt werden und wie alt oder jung der Protagonist ist. Das um Identitätssuche schlingernde "Like A Great Gatsby" schlägt hinterher versöhnliche Töne an, denn sollte der Künstler jetzt immer noch nicht besser wissen wo er steht, wäre er zu bedauern. Dem melancholischen "Don’t Go Away" zum Schluss - klassischem Elliott-Stoff, egal wie man es umwandelt - stehen die dezenten Streicher sehr gut.

Insgesamt steht "Aquashow Deconstructed" gänzlich auf eigenen Beinen, darf als gesondertes Werk interpretiert werden und zeigt unabhängig davon, dass Elliott Murphy ein fitter wie aussagekräftiger Künstler bleibt, der sich mitteilen möchte … und das sogar mit "Altlasten" kann, ohne an der jetzigen Realität vorbeizulaufen.

FAZIT: Kein postmoderner Quark ist das hier, sondern eine zeitgemäße wie zeitlose Singer-Songwriter-Scheibe mit amerikanischem wie allgemeinverbindlichem Inhalt, dem man sein Alter nie und nimmer abkauft - umso weniger in Gestalt dieser spannenden wie würdevollen Neuaufnahme.

Punkte: 12/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 06.04.2015

Tracklist

  1. Last Of The Rock Stars
  2. How's The Family
  3. Hangin' Out
  4. Hometown
  5. Graveyard Scrapbook
  6. Poise 'n Pen
  7. Marilyn
  8. White Middle Class Blues
  9. Like A Great Gatsby
  10. Don't Go Away

Besetzung

Sonstiges

  • Label

    Blue Rose / Edel

  • Spieldauer

    44:52

  • Erscheinungsdatum

    10.04.2015

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