In der öffentlichen Wahrnehmung waren EUROPE permanent das klassische One-Hit-Wonder der frühen 80er Jahre, die mit einem Film-Hit Geschichte schrieben, obwohl sie sonst weniger hitverdächtige Musik machten. Immer wurden sie mit diesem einen Hit in Verbindung gebracht, der gleich einem Fluch auf ihnen lag, von dem man sich nach millionenfachen Verkäufen, wochenlangen Charts-Platzierungen auf dem Siegerpodest und Radio-Dauer-Rotation kaum zu befreien vermochte. Dabei wollten die Schweden doch nur eins sein: eine richtig gute und zugleich erfolgreiche Hardrock-Band, was sie dann 2015 mit ihrem hervorragenden „War Of Kings“-Album, das sich locker mit Alben von URIAH HEEP oder den „späteren“ DEEP PURPLE messen kann, unter Beweis stellten. Für unseren Lothar Hausfeld ist es nach wie vor noch die „Hardrock-Scheibe des Jahres“, was er <a href="http://musikreviews.de/reviews/2015/Europe/War-Of-Kings/" rel="nofollow">in seiner Kritik</a> leidenschaftlich zum Ausdruck bringt.
Betrachtet man dann auch noch das textliche Konzept hinter „War Of Kings“, stellt man erschreckt fest, wie sehr sich doch musikalische Vorhersehung und europäische Realität vereinigen, selbst wenn in Deutschland nicht nur Könige, sondern besonders auch hartherzige (M)Uschi-Königinnen einen Krieg herbeimerkeln: „In a land thrown into darkness / An army would arise / The heathens died laughing / And the king‘s men heads bourne high.“
In unserem Gästebuch schreibt Andreas, der in München EUROPE live erlebte, sogar: „Das ist auch heute (29.10.2015) für mich noch DIE Hardrock-Platte des Jahres. Und das Konzert am Montag in München mein Konzert des Jahres (mit sechs Songs von "War of Kings"). Großartig - Ich kann die ‚Review‘ von Lothar Hausfeld nur doppelt und dreifach unterschreiben!“
Nun also kann man sich seit dem 27. November selbst davon überzeugen, wie „War Of Kings“ nicht nur als rotierender Studio-Silberling im CD-Player klingt, sondern sich mit der „Special Edition“ - verpackt in einem dicken, schönen Hardcover-Büchlein - auch von den Live-Qualitäten EUROPEs in Bild und Ton beeindrucken lassen. In diesem Falle aber nicht von ihrem München-Auftritt, sondern den beim Wacken Open Air am 29. Juli 2015. Doch auch hier sind die besagten sechs „War Of Kinds“-Songs mit dabei. Fast unglaublich, mit welcher Wucht und welchem Elan, aber auch welcher Leidenschaft und Melodieverliebtheit EUROPE dieses Konzert zu einem multimedialen Spektakel samt krachenden Dampferuptionen werden lassen.
So locker das Quintett auf der Bühne auch erscheint, sie scheinen allesamt Perfektionisten zu seien, bei denen jeder Einsatz und jeder Ton punktgenau stimmt. Absolutes NonPlusUltra dabei ist Sänger JOEY TEMPEST, der in eine permanente Interaktion mit dem Publikum tritt und dabei seine Deutschkenntnisse ausgiebig zur Anwendung bringt. Diese Fan-Musiker-Leidenschaft erreicht ihren Höhepunkt bei „Rock The Night“, wo JOEY TEMPEST sogar mir einem RAMMSTEIN-Klassiker in deutscher Sprache das Publikum dermaßen anheizt, dass man gut verstehen kann, warum wohl jeder, der nur einmal bei einem EUROPE-Konzert war, garantiert von dieser Begeisterung angesteckt wird. Beim Wacken Open Air 2015 sieht man jedenfalls nur glücklich-begeisterte Gesichter und selbst vorm Fernseher wird man nach den gut 80 Konzertminuten ein ähnliches Gesicht auflegen.
Fast wie eine Persiflage auf die eigene „Hit“-Vergangenheit wirkt dann tatsächlich die letzte Konzertzugabe, bei der EUROPEs 86er Hitparadenstürmer „The Final Countdown“ erklingt. Doch anno 2015 wären EUROPE nicht EUROPE, würden sie diesen in Wacken nicht mit einer krachenden Rock-Brise servieren.
So wird die letzte Zugabe sogar noch zum letzten Höhepunkt dieses an Höhepunkten reichen Konzerts!
FAZIT: Schlechte Nachrichten für alle, die „nur“ die normale Audio-CD von „War Of Kings“ besitzen. Die „Special Edition“ mit dem 86minutigen W:O:A-Konzert als DVD oder BluRay in Dolby Digital 5.1 und Stereo 2.0 und einem sehr schönen Hardcover-Digi-Book lässt dem EUROPE-Liebhaber kaum eine Chance, sich diesbezüglich in Verzicht zu üben.
Was soll‘s?
Schließlich ist doch bald Weihnachten!
Erschienen auf www.musikreviews.de am 17.12.2015
John Levén
Joey Tempest
John Norum
Mic Michaeli
Ian Haugland
Hell & Back Recordings
140:11
27.11.2015