Klare Sangesgeister wie jenen von Monique van der Kolk vernimmt man zwar bisweilen im Art Rock, zumeist aber werden sie von einer routinierten Getragenheit begleitet, die sich schon über längere Ketten von Vorbildern traditionalisiert hat. Das spanische Quartett zur niederländischen Vokalistin gibt streckenweise auch keinen Anlass dazu, im Fall von „Northern Wind“ anders zu denken. Das einminütige Eröffnungsduett aus Keyboard und Gesang beispielsweise klingt wunderschön, entspricht aber andererseits auch dem Querschnittsideal, wie man sich den Auftakt einer symphonischen Rockoper vorstellen würde.
Harmonie wird auch oberstes Gebot des Albums bleiben, dessen Klang sich entsprechend transparent arrangiert zeigt. Stilistisch jedoch lassen so manche Schlenker leicht stutzen; man möchte nun nicht sagen, dass „Northern Wind“ an einigen Stellen so richtig progressiv wird und an anderen den Rockschuh überstreift; wenn man dann aber hört, mit welchen Rockposen etwa das Titelstück endet, so hat das nicht mehr viel mit der zarten Art- und Symphonic-Quintessenz zu tun.
So fällt das Hörerlebnis entsprechend interessant aus. Ohne die von BEARDFISH jüngst besungene Komfortzone tatsächlich zu überschreiten, wird diese immerhin in neue Bereiche getragen und damit ein wenig erweitert. Soli können das Ruder übernehmen, Elektronisches kann den Stempel führen, in Hörweite ist aber doch immer van der Kolk, die mit ihrer Makellosigkeit beschwichtigt. Wie alles Makellose jedoch lässt auch sie mitunter den Reiz des Ausgeprägten und des Charakterstarken vermissen. Eine Analyse ihrer Fähigkeiten muss zwangsläufig in zwei Lager münden: Entweder man lässt sich bereitwillig vom Wohlklang einlullen oder man empfindet Austauschbarkeit und winkt ab.
Die Entscheidung für Option 1 wird aber eben dadurch erleichtert, dass die männlichen Kollegen an den Instrumenten für eine angenehm progressive Grundstimmung sorgen – progressiv nicht im Taktsinn, da sich fast alles in stampfenden Mitnickrhythmen abspielt, aber doch im Sinne von Songs, die sich zaghaft in verspielte, kreiselnde Gewässer wagen, um nicht vollends auf THE GATHERING oder ANATHEMA reduziert zu werden. Nicht selten tritt Epochales ein, wenn man Intimes erwartet hätte und umgekehrt. Das sorgt für eine langfristige Lebendigkeit eines Albums von einer Art, die sonst kurzfristig aufblüht und ebenso schnell wieder eingeht.
FAZIT: Hymnischer Art Rock im Dienste der Schönheit, dominiert von glockenklaren Female Vocals, gebettet auf einfach arrangierten Songs, die trotzdem für manche Überraschungen gut sind – muss man nicht, kann man aber sehr gut antesten.
Punkte: 9/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 01.02.2015
Toni Munné
Monique van der Kolk
Jordi Prats
Jordi Amela
Alex Ojea
Red Phone Records / Just For Kicks
62:23
12.12.2014