Mit ihrer Mischung aus skandinavisch geprägtem Melodic Death und modernen Electro-Einsprengseln klingen I SPIT ASHES schon seit Beginn ihrer Karriere nicht wie eine Band aus Oberfranken und tun auch auf ihrem zweiten Album einen Teufel, von dieser Formel abzurücken. Dafür bringen sie heuer die stärkeren Songs mit und dürften allen Gefallen, die auf OMNIUM GATHERUM, MORS PRINCIPIUM EST oder mit Abstrichen auch DARK AGE und Peter Tägtgrens PAIN mögen.
"Modern" ist so ein Wort … Die Keyboard-Sounds, die I SPIT ASHES bemühen, klingen zuweilen regelrecht antiquiert, und das wurde wohl bewusst so inszeniert. Heraus kommen eingedenk eines auf Eingängigkeit getrimmten Songwritings Stücke zum Tanzen wie "Of Venus And Mars", die fiese Ohrwürmer werden, wenn man sich auf die Synth-Motive konzentriert.
Der restliche Unterboden ist hausgemacht: riff-orientierter und fett produzierter Metal mit gleichbleibendem Schreigesang, den man gut versteht und textlich doch nicht wahrnimmt, weil er im Verbund mit dem Rest eine gefällige Tapete abgibt. An Tiefsinnigem und Atmosphärischem versuchen sich I SPIT ASHES etwa während des epischen und relativ ruhigen "Astronaut", das ebenso wie die richtig "schöne" Ballade "The Road" tatsächlich in den Weltraum schielt, wohingegen "Paint The Stars Golden" oder "Machinery" an THE KOVENANT (vor allem deren Debüt nach der Umbenennung erinnern.
Hier geht also mehr, wenn man genau hinhört, aber das muss man nicht; "99942" ist eine sehr stilvolle und dennoch dicke Hose tragende Sache, von vorne bis hinten gekonnt und in seiner stilistischen Anlage ziemlich beispiellos. Ergo: Schenkt dieser Band ein Ohr, wenn ihr euren Metal am Puls der Zeit mögt.
FAZIT: I SPIT ASHES bedienen eine Minderheit, die zwischen Techno (nicht technischem) Metal und Death zu Hause ist, aber wenig mit Niveau abseits von NDH-Plagiaten und noisigem Stumpf-Industrial geboten bekommt. "99942" bietet ebendieses Niveau in hohen Dosen.
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 09.06.2015
Benjamin Müller
Benedikt Rathsmann
Emanuel Seis, Bernhard Lindner
Daniel Lammich
Hell Awaits Records
55:51
05.06.2015