JEREMY STEIG und EDDIE GOMEZ besuchten Mitte der Fünfziger die New Yorker Music & Art High School. Es wird kolportiert, dass der fünfzehnjährige Jeremy und der zwei Jahre jüngere Eddie sich damals heimlich trafen um im Duett zu improvisieren. Bis sie erwischt wurden und es tadelnde Einträge ins Klassenbuch gab, die in einem „N“ auf dem Zeugnis gipfelten: „Nicht zufriedenstellend („Not satisfortary“). Improvisation an einer High School war offensichtlich verpönt.
Änderte aber nichts daran, dass der Flötist und der Bassmann in Kontakt blieben, u.a. bei den SATYRS gemeinsam spielten (und laut STEIG dort den Jazzrock erfanden. Wenn das MILES DAVIS noch kommentieren könnte. JOHN MCLAUGHLIN hätte die Möglichkeit – wie einige andere auch – zu einem entsprechenden Kommentar) und später den begnadeten Pianisten BILL EVANS begleiteten.
Die Kunst des eigenwilligen Duos in der Besetzung Flöte (plus diverse elektronische Effektgeräte) und Kontrabass (eigentlich –bässe, GOMEZ spielt abwechselnd drei historische Instrumente) ließen die beiden Musiker 1978 wieder aufleben.
Obwohl das Album insgesamt von ruhiger Natur ist, liegt ihm weichgespültes New Age-Gesäusel fern. Dafür agiert das Duo zu konzentriert und gut organisiert; trotz der gar nicht mal knappen Bearbeitung durch einen Ringmodulator lässt STEIG seine Flötentöne selten sacht verhallen, sondern bewegt sich zwischen Jazz, Klassik und kleinen Ausflügen nach Fernost höchst präsent durch’s Programm. Außerdem wird deutlich, dass er durchaus Einfluss auf Ian Anderson und sein Flötenspiel gehabt haben dürfte. EDDIE GOMEZ hingegen streichelt seine Bässe, lässt sie knarzen und brilliert solistisch bis in höhere Lagen. Wie überhaupt „Music For Flute & Double Bass” ein wohl harmonierendes Duo zeigt, in dem jeder dem anderen genügend Raum für Soli lässt. Ergänzt wurde das sauber remasterte Werk um einen Live-Bonustitel.
Wie auch „Rain Forest“, dessen Besetzung aber um prominente Mitglieder (u.a. Jack De Johnette, Naná Vasconcelos und Steve Gadd) auf Bandgröße erweitert wurde. Insofern wird auf dem Album aus dem Jahr 1980 eher dem Jazzrock gefrönt als beim Vorgänger, insbesondere der Vorliebe für leicht psychedelischen Blues, die STEIG und GOMEZ gemeinsam hegen. Dessen Einbindung vor allem dank Mick Nocks E-Piano-Spiel vorzüglich gelingt.
Das Tempo bleibt weiterhin meist getragen, die Songs streifen mitunter Easy Listening-Gefilde („Rain Forest“), besitzen aber auch hier genügend Ecken, Kanten und kleine solistische Interaktionen um nicht also bloße Fahrstuhlmusik zu enden. Bei exotischeren Stücken wie dem rhythmisch quirligen „Amazonas Express“, mit wortloser Stimmakrobatik, besteht die Gefahr des Strauchelns auf allzu glatter Oberfläche eh nicht.
FAZIT: MIG ist nicht nur ein rühriges Label, was die Aufarbeitung alter (Kraut)rock-Perlen angeht, auch im Jazz-Bereich wird das ein oder andere Schätzeken der Öffentlichkeit wieder zugänglich gemacht. So erscheinen in der „Collectors Premium Jazz“-Edition sauber remasterte Neuauflagen wie das vorliegende Doppel. Die exquisit zusammenspielenden JEREMY STEIG und EDDIE GOMEZ bieten sowohl im Duo wie auf Bandgröße erweitert, gepflegten Jazz, der sich sowohl als stilvolle Untermalung eignet, wie zum genauen Hinhören einlädt. Dank des fein gezeichneten Klangbildes gerne auch etwas lauter.
Erschienen auf www.musikreviews.de am 14.06.2015
Eddie Gomez
Karl Ratzer
Mike Nock
Jack De Johnette, Steve Gadd
Jeremy Steig (flute), Ray Barretto and Naná Vasconcelos (percussion)
MIG/Indigo
42:13 + 48:34
29.05.2015