Der amerikanische Gitarrist JOEL HARRISON, der sich in vielen musikalischen Spielarten vom Jazz bis zum Rock und Country sowie von westafrikanischen bis nordindischen Klangwelten sehr wohl fühlt, versteht es sehr gut, mit eigenen Worten die Absicht hinter seiner Musik und dem Titel des Albums „Spirit House“ auszudrücken: „Die Musik auf ‚Heiliger Raum‘ ist ein Projekt, das Herz, Seele, Verstand und Witz miteinander vermischt, um eine Musik zu kreieren, die auf unterschiedliche Weise bewegen könnte [...] um eine Tür im Inneren des Hörers zu öffnen, um etwas zu erleben und mit auf eine Reise genommen zu werden.“
Doch wie klingt Harrisons Reise, wenn er seine Gitarre sowie Trompete, Fagott, Bass und Schlagzeug seiner musikalischen Begleiter sprechen lässt?
Zuallererst natürlich, wie auf den meisten seiner Alben, jazzig mit viel großartiger Improvisationskunst der fünf professionell agierenden Jazz-Musiker. Besonders die Trompete, aber auch das Fagott spielen eine sehr auffällige Rolle, die einem beim Hören manchmal den Eindruck vermittelt, wir hätten es hier eher mit einem Solo-Album des vietnamesischen Jazz-Trompeters mit dem so nah an einer Kampfsportart orientierten Namen CUONG VU, der bereits gemeinsam mit PAT METHENY tourte und gehörig nach MILES DAVIS klingt, zu tun, als mit dem eines Gitarristen.
„Some Thoughts On Kenny Kirkland“ ist sogar eine wundervoll von EVERETT BRADLEY gesungene Jazz-Ballade, bei der Stimme und Trompete eine Art Duett bilden, während sich die Musik nah zwischen SANTANA-Gitarre und Bar- oder Kaffeehaus-Jazz bewegt.
„Sacred Love“ kombiniert Blues, Jazz und Improvisation sowie ausgiebige Schlagzeugeinlagen, während zuvor das Album mit „An Elephant In Igor‘s Yard“ sogar Psychedelisches und improvisiert Jazziges in sich vereint und auch ähnlich endet, wobei besonders auch der wieder ausgezeichnete Gesang auf „Look At Where You Are“, diesmal von JOEL HARRISON und Schlagzeuger BRIAN BLADE, hervorsticht. Das „Spirit House“ öffnet tatsächlich viele Türen, die sich allesamt unter dem Jazz-Dach befinden. Nur die Gitarre von JOEL HARRISON erscheint sich stärker zurückzuhalten, als es für dieses Album gut ist. Der Komponist Harrison dominiert „Spirit House“, nicht aber der Gitarrist, sodass dieses wirklich gelungene Jazz-Album eher an ein MILES DAVIS-Werk als an das eines Jazz-Gitarreros erinnert.
FAZIT: Unter Leitung des Gitarristen JOEL HARRISON liegt mit „Spirit House“ das Album eines Jazz-Quintetts vor, das sich durch größtenteils ruhigere Jazz-Improvisationen mit viel Trompete auszeichnet und sich auch nicht vor Blues und Psychedelic oder gar zärtlich angehauchtem, gefühlvoll gesungenem Bar-Jazz fürchtet.
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 05.08.2015
Kermit Driscoll
Everett Bradley, Joel Harrison, Brian Blade
Joel Harrison
Brian Blade
Paul Hanson (Fagott), Adam Klipple (Hammond B-3 Orgel auf “Some Thoughts On Kenny Kirkland”)
Whirlwind Recordings
56:00
03.07.2015