Treffen sich ein Deutscher, ein Österreicher und ein Amerikaner in Berlin. Sagt der Deutsche… nein, Johannes Haage spielt Gitarre und hat in Drummer Joe Smith und Bassist Matthias Pichler zwei Partner gefunden, die weit mehr sind als nur rhythmische Unterstützung. Gerade Smith prescht oft voran mit seinem filigranen Spiel, das der Musik eine ordentliche Portion Temperament verleiht, ohne den intimen Charakter zu zerstören.
„Drift“ ist ein passender Titel, ein ruhiges, sachtes Dahingleiten, mal leicht frickelig, improvisiert wirkend, drei Individualisten, die jeder eigene Stärken beweisen und doch im Einklang, dann wieder song-orientiert, fast schon jazz-poppig wie im swingenden „Valentina“, das mit einem wunderbaren Refrain versehen ist, der geradezu um einen Alternativ-Take mit Vertonung bittet.
Haages Gitarrenspiel erinnert ein wenig an Bill Frisell, ist aber pointierter und knapper gehalten, sodass Smith und Pichler viel Raum zum Atmen und für Soli haben. Die nie laut oder gar hektisch werden, bestenfalls von einer pulsierenden Betriebsamkeit getragen werden, die den ruhigen Stücken einen ganz eigenen Pepp gibt. Johannes Haage macht vor kurzen Country-Phrasen nicht Halt, lässt samtweich Rock und Pop anklingen und überzeugt mit leicht sprödem Kammerjazz.
FAZIT: „Drift“ ist ein genussreiches Album, innig und von fiebriger Intensität. Mit genügend Reibungspunkten, um nicht als Kuscheljazz aus der Räucherstäbchen-Abteilung zu langweilen.
Bislang gibt es das klanglich exzellente Album nur auf Vinyl mit Download-Code oder rein digital.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 27.12.2015
Matthias Pichler
Johannes Haage
Joe Smith
shoebill music/Broken Silence
42:51
23.10.2015