Anfang des Jahres starteten PERFECT BEINGS, wie so viele (musikalische und filmische) Intiatoren mittlerweile, eine Crowdfunding-Kampagne, die von Erfolg gekrönt war. Im Oktober erscheint das zweite Album der kalifornischen Band mit essentieller deutscher Beteiligung.
Gitarrist Johannes Luley fühlt sich sichtlich wohl im stabilen Band-Kontext. Zwar liegt ihm auch das Multiinstrumentale („Tales From Sheepfather's Grove“), aber getragen von kompetenten und vor allem harmonierenden Mitmusikern entsteht ein etwas anderes, frisches Konglomerat. Das aktuelle Album, schlicht „II“ betitelt, ist die konsequente Weiterentwicklung des vortrefflichen Debüts. Die PERFECT BEINGS haben einen perfekten Flow, nichts wirkt überkandidelt, hektisch oder aufgebläht. Mit „II“ etabliert sich die Band als eine der elegantesten im grenzüberschreitenden Prog-Sektor.
Wenn es eine Rückbesinnung gibt, orientiert man sich an YES in der Zeit zwischen „Relayer“ (für mich, trotz „Close To The Edge“ das yessige Meisterwerk) und „Going For The One“ („The Love Inside“), inklusive kleiner Ausflüge Richtung Jazz, aber ohne pastoralen Bombast. Gelegentlich darf es heftiger zugehen, Rhythmus und Melodien schlagen Wellen, brechen, um anschließend harmonisch aufgelöst zu werden. Dazu gesellt sich wieder eine intime BEATLES-treffen-TEARS-FOR-FEARS-Verbundenheit, die sich wunderbar mit Gitarrenlinien á la PAT METHENY kombinieren lässt („The Yard“). Dabei wirkt nichts abgekupfert, sondern entfaltet sich mit einer in sich ruhenden Selbstverständlichkeit, die immer wieder anklingen lässt, dass die Musik der 80er des letzten Jahrhunderts bei Weitem nicht so schlecht war wie ihr, meist von Unverständigen ausgestoßener, Ruf es vermuten lässt („Go“).
Innige Laid-back-Atmosphäre wird kombiniert mit detailreichem Prog, düsteren Ambient-Sounds („Samsara“) und nachdenklichen, gesellschaftskritischen Texten, von Ryan Hurtgen stilsicher intoniert. Die Keyboards erzeugen meist eine relaxte, schwebende Grundlage für die filigran arbeitende, trotzdem handfeste Rhythmussektion sowie Johannes Luleys variables Gitarrenspiel, bei dem selbst eine Peter Frampton-Talkbox-Gedächtnispassage drinsitzt („Volcanic Steams“). Für Akzente im Vordergrund ist Tastenspieler Jesse Nason ebenfalls gut, besonders mit seinen höchst geschmeidigen Klavierläufen.
Ein kleiner Ausreißer ist der Opener „Mar Del Fuego“, der an lyrische GENESIS-Stücke zu Zeiten von „Trick Of The Tail“ erinnert. Mag man hier noch von möglichem Retroprog im Gefolge ausgehen, besitzt „Cryogenia“ gleich im Anschluss jene ausgefeilte Finesse, die ein Markenzeichen der PERFECT BEINGS ist.
FAZIT: „II“ ist der glänzende Nachfolger eines höchst ansprechenden Debüts. Die PERFECT BEINGS gehören zu jenen erfreulichen Bands, die abseits jeglicher Kraftmeierei mit Stilreichtum und einer individuellen Definition von Art-Rock überzeugen. Klasse Album, das von YES bis zu THE BLUE NILE (weite Phasen von „The Thrill Seeker“) einen ausdrucksvollen Bogen zieht und zugleich um etliches darüber hinausgeht.
Bestellen kann man die CD übrigens <a href="http://perfectbeingsband.com/store.html" rel="nofollow">HIER</a>, der unten stehende etwas größere Online-Handel folgt vermutlich irgendwann später.
Punkte: 13/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 07.09.2015
Chris Tristram
Ryan Hurtgen
Johannes Luley
Jesse Nason
Dicki Fliszar
My Sonic Temple
49:51
16.10.2015