Einen dezidierten Quertreiber hauen die Schwaben PHALLAX mit ihrem dritten Longplayer in die graue Metal-Welt: "Relics Of Harmony" ist nichts weniger als spritzig vorgetragene Genre-Kost, dies allerdings ohne textliche Floskeln und optisches Einerlei aus dem gängigen Setzkasten des Genres.
Statt eines konventionellen Reviews vielleicht mal etwas zum Nachdenken: Ist die vermeintlich freigeistige Szene nicht auch einer unsäglichen Leitkultur unterworfen, die von verwöhnten Medienmenschen und zugkräftigen Labels bestimmt wird? Warum die ständige Orientierung nach Skandinavien und Amerika, wenn man es von Europa aus betrachtet, und warum anders herum der Euro-Fetisch in den Staaten? Wieso werden im Zuge des "World Metal"-Quarks angebliche Entwicklungsländer für ihre Beiträge zum Metal belächelt oder als Exoten empfohlen, statt sie zu behandeln wie jede als weshalb auch immer durchgewunkene Konformisten-Truppe? Das ist ungefähr das Gleiche wie der Totschlag-Ausdruck "female fronted" als Kriterium oder auf die gesellschaftliche Bühne übertragen eine Quote für bestimmte Minderheiten - eben dadurch werden sie zu solchen gemacht.
"We're not a Swedish Metal band" - mit dieser Textzeile aus "Jorn" bringen PHALLAX das Dilemma auf den Punkt. Die elf Stücke ihrer aktuellen Scheibe sind durchweg auf einem gehobenen Niveau anzusiedeln und erinnern diesen Schreiber an die frühen Neunziger, in denen das klassische Metal-Genre am Boden lag und einige wenige Bands bar jeglicher Stereotypen einfach nur diese Musik machten - oftmals mit einem Hang zum Nachdenklichen und Ausladenden -, bevor sie sich fragwürdige Images zulegten. Genannt seien hier stichwortartig etwa ANCIENT CURSE, SECRECY oder ALIEN ON MY MIND.
Somit klingen PHALLAX typisch deutsch, bloß nicht auf die Dirkschneider- und Hansen-Weise, sondern ganz anders als der Kanon - Musik mit Seltenheitswert ohne Superlative (das Album des Jahres geht definitiv nicht an sie), aber zeitlos, schlau und unverkrampft eigen.
FAZIT: PHALLAX lassen den traditionellen Metalhead, der Stilpflege wertschätzt, im Regen stehen, obwohl ihm ihre Musik eigentlich gefallen müsste "Relics Of Harmony" bietet verspielten oder proggigen Stoff, der in Ermanglung eines sofort greifbaren Außenbildes und aufgrund der einfach unprätentiösen Art der Macher voraussichtlich untergehen wird. Ihr habt in der Hand, dass dies nicht geschieht.
Punkte: 10/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 22.04.2015
Felix, Fabi, Phil, Chris, Jogi
Metalapolis / Zyx
48:35
17.04.2015