Nach einer EP und dem Langspiel-Debüt „Beekeeper“ ist das ehemalige Soloprojekt Esben Nørskov Andersens offiziell zum Duo angewachsen und Pernille Smith-Sivertsens ätherischer Sopran bildet ein passendes Pendant zu Andersens dunkel-sprödem Gesang.
Drei Jahre nach „Beekeeper“ ist „Straitjacket“ ein beeindruckendes Statement in Sachen elektronischer Musik. Das Album ist ein Schmelztiegel, der Sperriges und Sphärisches wunderbar vereint, der schräg und melodisch sein kann, nachdenklich melancholisch und lustvoll tanzbar. Jederzeit Maschinen-Pop, aber mit Seele. Ein modernes Album, eingespielt mit viel Geschichtsbewusstsein.
Songs wie die ausgefeilten „Broke“ und „Forgive“ nehmen gekonnt die Fäden auf, die David Sylvian und JAPAN einst gesponnen haben, es gibt Anklänge an GARY NUMAN, die frühen HUMAN LEAGUE, ART OF NOISE und (natürlich) DEPECHE MODE. Doch schieben sich diese Reminiszenzen nicht unangenehm oder stumpf plagiierend in den Vordergrund. RANGLEKLODS, der „Rasselklotz“, ist ein ganz eigenes Erzeugnis, das sich in die Gehörgänge fräst, ohne Angst vor Disharmonien und wenig zarten Breaks. Die aber organisch wirken, sodass die Musik auf „Straitjacket“ jederzeit im Fluss bleibt.
Egal ob gesäuselt, gesungen, erzählt oder in hoher Stimmlage PRINCE im Elektromikmarkt gespielt wird, „Straitjacket“ besitzt Stil und Substanz. Plus eine satte Handvoll Hits, zumindest für Indie-Clubs nach Mitternacht. Dazu gehören das im Refrain implodierende „Schoolgirls“, mit einer pluckernden Gitarrenlinie, die Freunden der frühen NEW ORDER besonders viel Freude bereiten dürfte, das pulsende „Tricks“ von Pernille Smith-Sivertsen mit Schlafzimmerstimme vorgetragen sowie das finale „Nerves“, das elegisch und in stilvollem Schwebezustand noch einmal an DAVID SYLVIAN gemahnt.
FAZIT: Wer nur einen Hauch Interesse an stimmungsvoller, elektronischer Klangerzeugung mit hintersinnigen Lyrics besitzt, die von exzellent eingestimmten Protagonisten vorgetragen werden, der kommt 2015 um diese Zwangsjacke aus Dänemark nicht herum.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 20.06.2015
Esben Nørskov Andersen, Pernille Smith-Sivertsen
Esben Nørskov Andersen
Pernille Smith-Sivertsen, Esben Nørskov Andersen
Tambourhinoceros
44:44
22.05.2015