Ob man sich Innovation oder Stabilität wünscht, spielt oft beim Bewerten von Neuerscheinungen eine Rolle. Wird „Progressive“ Rock veröffentlicht, der auf Material aus den 80ern beruht, das damals schon aus der Zeit gefallen schien, sehnt man ausgebliebene Veränderungen inständig herbei. Erklingen aber die ersten Gitarren-Akkorde von Alben wie „Tombstone“, ist es geradezu ein Lob, das die Musik an die Frühwerke von RICH HOPKINS erinnert. Beständig und unverwüstlich – wenn nicht Desert-Rock, was dann?
„Tombstone“ kommt jedenfalls so selbstverständlich wuchtig daher, dass kaum Gefahr besteht, am kargen Dschungel-Lagerfeuer zu landen, wie noch auf der Bonus-CD von „Buried Treasures“. Die Gitarren schmettern verzerrte Hymnen in den Wüstenhimmel, der kleine Chor verkündet ein euphorisches „Don’t worry“, während RICH HOPKINS seine Lyrics mit immer quäkiger werdender Stimme (das unvermeidliche NEIL YOUNG-wird-ebenfalls-älter-Tribut) ins Mikrophon knödelt. Klarer Gesang wäre hier eh fehl am Platz, Charakter ist wichtiger als saubere Stimmlagen, gemacht für vordere Supertalent-Platzierungen.
„Don’t Worry“ gibt die ungeschliffene Marschrichtung vor, „Everything“ legt etwas blasser, sprich gleichförmiger, nach, bevor „Tombstone“ verzerrt zum scharfen Duell im OK Corral auffordert. „I came riding into town, Had a monkey on my back, I smelled trouble ahead”. Ein künftiger (Live)-Klassiker.
“Home Of The Brave” spielt natürlich auf die Nationalhymne der US of A an und klingt wie ein spätes Gipfeltreffen zwischen NEIL YOUNG und den BYRDS; purer Wüsten-Pop mit kritischen verbalen Beigaben. „Free Man“ ist dann wieder Rockin‘ the CRAZY HORSE. Ein bleischwerer Stampfer, tanzbodengeeignet. Gut, nicht in der Hipster-Disco.
„Top Of The World“ und „Private Shaw“ sind mit sieben- und achteinhalb Minuten die großen Epen des Albums. Das schleppende „Top Of The World“ schließt nahtlos an „Home Of The Brave“ an und überzeugt mit eingängigem Refrain, schneidenden Gitarren und unterfütternder Orgel; während „Private Shaw“ einer jener mitreißenden Slow-Motion-Oden ist, die düstere Themen (hier der Kampf der US-Armee gegen diverse Stämme der amerikanischen Ureinwohner - beziehungsweise deren Auslöschung) mit hypnotischer musikalischer Begleitung, samt pointiertem Mellotron-Einsatz, eindrucksvoll nacherzählen.
Der Rest ist gehobener LUMINARIOS-Standard, wobei „Mourning Song“ und der besinnlich-ironische Country-Abschluss „Leona’s Waltz“ zeigen, dass HOPKINS, seine Frau Lisa Novak (Lead Vocals auf dem verführerischen „Mourning Song“) und die restlichen bewährten Mitstreiter auch gefühlvolle Balladen draufhaben.
FAZIT: Während NEIL YOUNG neue Soundformate propagiert, Musik in Telefonzellen aufnimmt, brüchig alleine oder mit komplettem Orchester aufspielt, verlassen sich RICH HOPKINS & LUMINARIOS auf Bewährtes und hauen eines der besten, geschlossensten Alben ihrer langen Karriere raus. Staubtrockene Hymnen mit Herz, Verstand, vielen Gitarren und kleinen, höchst passenden Gimmicks und sattem Klang. Wertstabil und von bestrickender Frische.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 20.01.2015
Duane Hollis, George Reiff, Paul Beebe
Rich Hopkins, Lisa Novak, Larry Cooper, Jon Sanchez, Arnold Parker, Paul Beebe
Rich Hopkins, Lisa Novak, Jon Sanchez, Damon Barnaby , Paul Beebe
Jon Sanchez, Paul Beebe
Alan Anderson, George Duron,
Jon Sanchez (harmonica), Lisa Novak (shaker, tambourine)
Blue Rose Records/Edel
53:45
23.01.2015