Resteverwertung Marke Richie Kotzen. Die mittelschwere Gitarrenikone verwurstet auf "Cannibals" teilweise zehn Jahre altes Material und klingt dabei kein bisschen staubig. Die Scheibe glänzt durch Vielfalt und klingt trotz Outtake-Charakter verblüffend rund.
Zu den zahlreichen beteiligten Musikern zählen unter anderen Doug Pinnick von KING'S X und Bass-Kumpel Billy Sheehan, doch Kotzen bleibt klar Chef im Ring, sowohl fingertechnisch als auch hinterm Mikrofon. Dabei macht er ein stilistisches Fass auf, angefangen beim leicht funkigen, Tanzbaren Titelstück über den Schmachter "The Enemy" mit seiner veritablen Hookline sowie die Pianoballade "You", die jeden AOR-Barden als Amateur bloßstellt, bis zum kratzigen "Stand Tall", das gerade in puncto Sound darauf hindeutet, wie gerne Kotzen diesmal mit Klängen experimentierte. Dass die Kompositionen darunter nicht gelitten haben, adelt ihn einmal mehr.
Die Highlights ganz klar, während eigentlich nur zwei Nummern (an zweiter und sechster Stelle) lediglich "unauffällig" anmuten: der orgelige Classic Rocker "Shake It Off" und das mit einem kraftvollen Refrain ausgestattete "Come On Free", bei dem der Künstler eindringlich singt wie selten.
FAZIT: Richie Kotzen - nach wie vor eine echte Marke, wenn es um die Verbindung trefflicher Gitarrenhandwerkskunst mit dem Songwriting-Verständnis großer Pop- und R'n'B-Produzenten geht. Der Mann müsste eigentlich Kohle verdienen wie blöde, warum dann also der Eigenvertrieb und die leicht schäbige Verpackung von "Cannibals"? Egal, der Musik tut es rein gar nichts.
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 12.05.2015
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08.01.2015