Über ROBERT CRAY hier großartige Worte zu verlieren, würde bedeuten, ausgestopfte Eulen in das sparpaketgebeutelte Athen zu tragen. Nur so viel: Der 62jährige Cray ist eine unumstrittene, bereits mit mehreren Grammys geehrte Blues-Legende, die man in einem Atemzug mit MUDDY WATERS, STEVE RAY VAUGHAN, BUDDY GUY, ERIC CLAPTON oder GEORGE THOROGOOD nennt und der seit 1978 in regelmäßigen, etwa zweijährigen Abständen Alben veröffentlicht, die dem Blues mal ein lachendes, mal ein weinendes, aber immer ein beeindruckendes Gesicht verleihen. 2011 wurde er sogar in die Blues Hall Of Fame aufgenommen und damit als einer der allergrößten Blueser geadelt. Und dass der Gitarrist mit seiner angenehm warm-rauchige Stimme nunmehr schon seit 40 Jahren auf der Bühne steht, wird mit seinem neusten Live-Dreierpack, bestehend aus Konzertaufnahmen seiner „4 Nights Of 40 Years Live“-Kalifornien-Tour im Dezember 2014 auf Audio-CD und DVD sowie einer Bonus-CD mit früheren Konzertaufnahmen aus den Jahren 1982 und 1987, eindrucksvoll dokumentiert.
Auf der ersten Audio-CD gibt es eine Auswahl von 13 Live-Songs der viernächtlichen Konzert-Tour in hervorragender Sound-Qualität zu hören, die (fast) allesamt auch Bestandteil des 17 Stücke umfassenden DVD-Konzert-Mitschnitts in hervorragendem Stereo-, aber keinem Dolby-5.1-Ton sind. Natürlich bestätigen dabei mal wieder zwei Ausnahmen die Regel, denn auf der DVD sind im Gegensatz zur Audio-CD die beiden Aufnahmen „Poor Johnny“ und „The Road Down“ nicht enthalten, was allerdings relativ schwer verständlich ist, da die DVD mit einer Laufzeit von 94 Minuten bei Weitem nicht ausgereizt ist. Vielleicht hat sich Cray ja bei der Aufnahme der Songs in der Nase gepopelt oder am Sack gejuckt, sodass die bildliche Darstellung dieser auf CD sehr beeindruckend klingenden Songs als nicht jugendfrei deklariert wurden und im Schnittkasten biederer Engstirnigkeit verschwanden. Doch egal, worin die Gründe liegen - verständlich sind sie dem Käufer dieses dicken Musik-Pakets, das je nach Wahl entweder als Doppel-LP plus MP3, 2 CD plus DVD oder 2 CD plus BluRay sicherlich nicht.
Auf der Konzert-DVD gibt es jedenfalls 13 Aufnahmen zu sehen und zu hören, die neben den Cray-Hits „Bad Influence“ und „Right Next Door“ auch die besonders souligen, mit ausgiebigen Instrumentalausflügen versehenen Songs „Love Gone To Waste“ oder „The Road Down“ enthalten. „Two Steps From The End“ wartet dann sogar mit einem grandiosen Orgel-Solo von DOVER WEINBERG auf. Aber natürlich wird auch etwas für die ruhig-romantische Stimmung getan, denn mit „These Things“ darf eine Blues-Ballade genossen werden, die einen mit ihrer tiefen, gefühlvollen Leidenschaft regelrecht mitreißt. Eigentliche Höhepunkte sind aber auch neben dem angenehm zurückhaltend-charismatischen, sich ganz auf seine Musik konzentrierende ROBERT CRAY die ausgiebigen Bläser-Einsätze mit Trompete und/oder Saxofon, die viele Songs instrumental bereichern und dem Konzert einen unglaublichen Drive bescheren, wozu zusätzlich auch der Harmonika-Spieler LEE OSKAR beiträgt.
Bevor die Konzertaufnahmen beginnen, leitet Cray mit ein paar Worten und alten Schwarz-Weiß-Fotos die DVD ein und es werden einige „uralte“ Livemitschnitte von 1982 beim San Francisco Blues Festival und 1987 bei der holländischen TV-Show „Countdown“ bzw. ein paar aktuelle Soundchecks gezeigt. Auch kommen die Musiker und Wegbegleiter Crays, wie z.B ERIC CLAPTON, STEVE RAY VAUGHAN, BONNIE RAITT oder ein „hochpromilliger“ KEITH RICHARDS, der bei seinem Statement wie ein grenzdebiler Großvater aussieht, usw., ausgiebig zu Wort. So gesehen ist die DVD eine kommentierte „Best Of“-Konzertausgabe, die neben Live- auch ausgiebig auf historische und Probeaufnahmen zurückgreift und so zu einem Konzertfilm wird, der von viel Musik, aber auch einigen, leider nicht deutsch untertitelten, Informationen lebt. In Anbetracht der Tatsache, dass der Speicherplatz solcher DVD oder sogar einer BluRay viel ergiebiger als die hier gut anderthalb Stunde dauernde Musik- und Konzert-Doku ist, fragt man sich nach dem kurzweiligen Betrachten der Aufnahmen dann doch, warum nicht viel mehr von dem eigentlichen Konzert zu sehen ist und jegliche Extras fehlen. Vielleicht ist dies auch der Promo-Version, die mir ausschließlich zur Verfügung steht, geschuldet, was ich aber stark bezweifle.
FAZIT: Insgesamt wirklich würdige Konzertaufnahmen aus Anlass des vierzigjährigen Live-Lebens von ROBERT CRAY, der zwar älter und reifer in dieser Zeit geworden ist, was unverkennbar durch viele historische Ton- und Bild-Aufnahmen belegt wird, aber noch immer die Leidenschaft und Spielfreude des zwanzigjährigen Jungspundes in sich trägt.
PS: Die zweite CD mit den Bonus-Songs lag leider nicht als Promo dabei, sodass ich mir jeglichen Kommentar dazu sparen musste! Schade eigentlich!
Erschienen auf www.musikreviews.de am 26.08.2015
Richard Cousins
Robert Cray, Kim Wilson
Robert Cray
Dover Weinberg
Les Falconer, Steve Jordan
Lee Oskar (Harmonika), Trevor Lawrence & Tom Scott (Saxofone), Steve Madaio (Trompete)
Mascot Music
73:33 + ?? + 94:00
28.08.2015