„Would you still walk with me / If I had a thousand crimes?“
Kaum jemand hätte wohl vor ein paar Tagen noch gedacht, wie aktuell diese Frage, welche die EP „Quantum Leap“ der jungen Schweizer Band SERAFYN eröffnet, plötzlich für viele von uns geworden ist. Im Grunde ist diese Frage nur einen Flug entfernt, der an einem Berg tragisch endete, wohl herbeigeführt von einem lebensmüden Co-Piloten, dessen Lebensmüdigkeit 150 Menschen das Leben kostete. Viele Zeitungen und eine Unmenge von Medien haben ihre Antwort darauf längst lauthals herausgeschrien und ihre Urteile gefällt: „Schuldig! Und keinen Schritt mehr mit solchem Verbrecher.“
Doch was wissen wir wirklich?
„Would you still walk with me / If I had thousand crimes / In my pocket down / Where the answer lies / To Indicate goodbye / Would you than raise your hand?“
Ganz unfreiwillig wurde für den Kritiker dieser Zeilen die melancholische, fast todtraurige Debüt-EP von SERAFYN so eine Art trauriger Soundtrack zu einem unerklärlichen, tief bedrückenden Ereignis, das einen mit seiner ganzen unerbittlichen Grausamkeit überfällt, während die bis dahin größten Probleme das Erledigen der Ostereinkäufe waren. Selbst diese Kritik lauerte schon darauf, pünktlich zum Erstveröffentlichungstermin zu erscheinen. Doch dann hob ein Flugzeug mit klarem Ziel ab, von dem nur einer wusste, dass es dieses nie erreichen würde.
Und unverhofft holte ein paar Tage später ein Kritiker dann seine längst fertige Kritik hervor, um dieser eine neue Einleitung hinzuzufügen.
Die Geschichte hinter SERAFYN begann auf der Straße und endete bisher bei ein paar hunderttausend „Like“-Klicks. Fünf Straßenmusikanten - drei Mädchen und zwei Jungen - zogen als fünfköpfige Folk-Pop-Combo durch die Straßen Europas und spielten, wo immer sich ihnen eine Möglichkeit bot. Nachdem die britische (Bitte nicht mit der deutschen Band verwechseln!) Band FINK unter ihrem Profil „Take To The Skies“ von SERAFYN postete, wurde im Netz plötzlich die ganze Welt auf die Schweizer aufmerksam. Und der Erfolg ging weiter, nachdem von dem zweiten Song „Go Down North“ nicht nur der Titel, sondern auch ein, gerade seiner Einfachheit wegen, <a href=" https://www.youtube.com/watch?t=94&v=-zANgwmdtQ4 " rel="nofollow" >hervorragendes Video</a> ins Internet gestellt wurde. Ein Video, das auf einem Flughafen beginnt - ein bisschen Schicksal, ein bisschen Vorsehung oder einfach nur Zufall?
Das Einfache gehört überhaupt zu dem Typischen in der Musik von SERAFYN. Drei hervorragende weibliche Stimmen treffen auf Cello, Kontrabass, Gitarre, Cajon und Trommeln bzw. Pauken. Ganz im Sinne von FEIST, FINK, ANNA TERNHEIM oder den Isländern ARSTIDIR, aber auch SIMON & GARFUNKEL, entwickeln sich die sieben Songs auf „Quantum Leap“ zu einer fast hypnotischen Symbiose aus akustischem Folk-Pop und aussagekräftigen, lyrischen Texten mit Tiefgang. Melancholie und Fernweh, Intimität und Zerbrechlichkeit liegen in der musikalischen Luft, welche die musikalischen Straßen der ehemaligen Schweizer Straßenmusiker durchströmt. „I‘m just a one of many ones / But I‘m a part of it all.“ - so endet die EP, die mehr zu sagen hat, als „diese Musik ist käuflich“. Diese Musik ist zu kaufen, aber nicht käuflich, da bin ich mir sicher. Denn diese Musik schwebt, statt auf einem Kurs zu fliegen, den man am Ende bereut, weil er im Unglück seine Unendlichkeit sucht.
Ein wahrer Quantensprung eben, dieses „Quantum Leap“!
FAZIT: Die Schweizer „SonntagsZeitung“ schrieb in ihrer letzten Ausgabe: „SERAFYN gelingt das delikate Kunststück, ihre zarten, intimen Songs mit der großen, weiten Welt kurzzuschließen“. Eine Debüt-EP, die - so viel steht fest - zeitlos schön und manchmal fast zu schön für diese Zeit ist.
Punkte: 13/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 06.04.2015
Lucas Loew
Anna Erhard, Anja Waldkircher, Alexandra Werner
Anna Erhard
J.J. Lion
Anja Waldkircher & Alexandra Werner (Cello)
Czar Of Crickets
28:04
06.04.2015