Der gebürtige Brite und Wahlfranzose Tam de Villiers möchte mit seiner Musik die Conditio Humana ansprechen und Zeitlosigkeit vertonen, wozu er das Idiom Jazz wählte und entsprechend frei agiert. Dass "Panacea", dessen Titel wahrlich wie ein Sinnbild für den allgemeinverbindlichen Anspruch des Künstlers steht, dennoch nicht nach schrankenloser Improvisation sondern gut durchdacht klingt, darf sich das Ensemble als Lob an die Brust heften.
Darin schlägt auch ein kräftiges Herz, denn Kopfmusik findet auf der Platte bei aller Könnerschaft nicht statt. De Villiers geht nahtlos von Artrock-Strukturen zu klassischem Kontrapunkt über, womit er eindringliche Motive in den Vordergrund rückt, die einen etwaigen Free-Jazz-Verdacht endgültig vom Tisch räumen. Wie sich der Gitarrist mit seinem Bläser-Kompagnon David Prez die Bälle zuspielt, ist ein Fest für die Ohren und melodisch in keiner Schublade einzuordnen, aber dennoch nicht uneingängig.
Die Rhythmusgruppe spielt nicht weniger fantastisch und unbeschwert auf ("Plato's Cave"), und lässt Sänger Winand seine Stimme ertönen, wird es ausgesprochen liedhaft, wobei man abgesehen von der "Morse Code Fantasie" und dem finalen Titelstück keinen typischen Vocal Jazz erwarten darf; "As Above, So Below" ist düsterer Prog, "Freedom" minimalistische Intensität mit nur angedeutetem Puls.
Zwischendurch zeigt sich das Quartett ohne Frontmann verschmitzt groovend wie in "Wolf (In Sheep’s Clothing)", verbricht elegante Melodiewunder ("Soup") und hält sich mittendrin einen dynamischen Spiegel vor, nämlich mit dem sachten "Totem Tona" und seinem ungleich lauteren Gefährten "Tona Totem".
So bunt sich das alles liest, so homogen wirkt "Panacea" in seiner Gesamtheit und lädt zum Kennenlernen der ersten beiden Alben der Truppe ein. Wer poetische Tonkunst schätzt und dabei nicht zwangsweise Anzug beziehungsweise Cocktailkleid tragen möchte, liegt hier genau richtig.
FAZIT: "Panacea" ist seinem Titel gemäß ein Mittel gegen vieles - Langeweile, Melancholie und Oberflächlichkeit -, steht aber vor allem für etwas: schrankenlose und dennoch in sich ruhende Musik.
Punkte: 13/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 22.04.2015
Frederic Chiffoleau
Tam de Villiers
Karl Jannuska
David Prez (Saxofon)
Whirlwind / Indigo
58:59
13.03.2015