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Ten: Isla De Muerta

Stil: Melodisches Hard Rock-Kielholen

Cover: Ten: Isla De Muerta

Ein gutes halbes Jahr nach dem funkensprühenden Feinliebchen „Albion“ liefern TEN mit „Isla De Muerta“ einen musikalischen Nachklapp der feucht- aber nicht immer fröhlichen Art. Gab es auf dem Vorgänger bereits leichte Avancen in See zu stechen („Albion Born“), herrscht zumindest zum Auftakt Mast- und Schotbruch bis zum Abwinken. Hughes stößt mit voller Shantykraft ins Buccaneer-Horn, das man geradezu darauf wartet, dass die gruseligen Klabautermänner von SANTIANO zur Unterstützung an Bord gesprungen kommen und mitgröhlen.

Irgendwie scheint Hughes dem Seefahrer-Konzept aber nicht zu trauen, denn mit dem folgenden „Tell Me What To Do“ geht es ohne Umschweife wieder an Land. Der Song beginnt, trotz billig klingender Keyboards, fast wie ein stimmungsvoller, schleppender Blues, wird aber durch seinen öden „Humbahumbahumba“-Refrain beinahe getötet. Es gibt noch ein bisschen flinke Saitenaction, doch das bringt das geschundene Lied nicht wieder ans rettende Ufer. Leider finden sich auf „Isla De Muerta“ eine weitere Handvoll dieser biederen, mehr-zart-als-hart-Gurken melodischen Hardrocks, knapp am Rand zum trällernden Kinderlied gebaut (ganz schlimm das wie eine durchgekaute und ausgespuckte SCORPIONS-Ballade klingende „This Love“. Fehlt bloß Gepfeife). Gary Hughes Stimme ist zwar wie üblich ein Pluspunkt, doch kann er ausgelutschte Melodien nicht in eine glänzende Bonbonniere verwandeln, zudem überkandidelter Größenwahn fast völlig fehlt. Man möchte meinen, Hughes hätte bessere Songs verdient, dummerweise ist er für sämtliche Stücke selbst verantwortlich.

Glücklicherweise gibt es einige Lichtblicke, vor allem wenn Hughes und seine Mannen heftiger zupacken, wie beim so grimmigen wie bekloppten „The Dragon And Saint George“ („There Was A Dragon In Town“ – Ah ja, zu viel „Game Of Thrones“ geguckt?) oder dem knackigen Höhepunkt „Revolution“. Gelungen auch das dezent vertrackte „Intensify“, leider mit leichtem ROXETTE-Touch im Refrain; das leicht orientalisch angehauchte Instrumental „Karnak“, dem der deftige, nicht besonders originelle, trotzdem packende Keltenrock „The Valley Of The Kings“ folgt und das galoppierende „Angel Of Darkness“.

„The Last Pretender“ ist so lala, ein bisschen als versuchten TEN wie QUEEN zu klingen. Die abschließende Bonusballade hätte nicht unbedingt sein müssen, hinterlässt aber eine Ahnung wie es sein könnte, wenn Barry Manilow sich an einer Powerballade auf den Spuren von „Seasons In the Sun“ versucht. Nicht die Schnulzenhölle, aber schon ziemlich heiß.

FAZIT: Was dem Progger sein Photoshop ist dem melodischen Hardrocker seine dralle Dame in quietschebunt. Was Gaetano Di Falco sich beim Cover von zur „Isla De Muerta“ gedacht hat, kann man nur erahnen. Vor der Galleone im brennenden Abendrot steht ein bewaffnetes, langbeiniges Etwas mit Dreispitz, bei dem es sich entweder um die blinde Tochter des Kapitäns, Lola aus der Hafenbar, die den lasziven Augenaufschlag noch üben muss oder eine Zompiratenbraut handelt. Der Mann muss beim Zeichnen besoffen gewesen sein, Boris Vallejo und Richard Corben weinen bittere Farbtränen. Mit der Musik hat das zwar wenig zu tun, zeigt aber wie Wischwaschi der Ausflug zur Toteninsel hingehuscht wurde.

Die kleine Wassermusik wird schnell zum schnöden Hardrock, der mit billigen Melodien und Tastensounds nervt, bevor sich das Album zur Mitte fängt und sich als halbwegs würdiger „Albion“-Nachfolger erweist, der seinem Vorläufer aber nur wenig Neues hinzuzufügen weiß.

Punkte: 8/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 25.07.2015

Tracklist

  1. (i) Buccaneers (Instrumental)
  2. (ii) Dead Men Tell No Tales
  3. Tell Me What To Do
  4. Acquiesce
  5. This Love
  6. The Dragon And Saint George
  7. Intensify
  8. (i) Karnak (Instrumental)
  9. (ii) The Valley Of The Kings
  10. Revolution
  11. Angel Of Darkness
  12. The Last Pretender
  13. We Can Be As One (European Bonus)

Besetzung

  • Bass

    Steve Mckenna

  • Gesang

    Gary Hughes

  • Gitarre

    Dann Rosingana, Steve Grocott, John Halliwell, Gary Hughes

  • Keys

    Darrel Treece-Birch

  • Schlagzeug

    Max Yates

Sonstiges

  • Label

    Rocktopia

  • Spieldauer

    60:31

  • Erscheinungsdatum

    20.05.2015

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