Wunderbar, so macht man das: Die Wiederveröffentlichungs-Spezialisten von Repertoire bringen den Backkatalog der altgedienten THE BLUES BAND teilweise noch einmal neu heraus; auch dieses Livealbum wurde bereits neu aufgelegt, diesmal kommt es mit dickem Booklet und zwei Bonustracks am Ende auf den Markt, und wer knorrigen Briten-Blues mit mannigfaltigen Einflüssen mag, kann sich hierüber bestens mit dem Katalog des Quartetts vertraut machen.
Die Band mag "erst" seit 1979 aktiv sein, klingt aber uriger als manch älterer und mittlerweile verwässerter Künstler aus dem Feld. Das liegt daran, dass sie ihr Metier äußerst basisch angeht, also ist "what you hear" auch "what you get", nicht mehr und nicht weniger. Man kann sich beim Hören von "Wire Less" (der Titel sagt alles) gut vorstellen, wie die nicht mehr jungen Herren eher auf der Bühne sitzen als stehen (Fletcher mit seinem Gummisaiten-Bass etwa), während sie ihnre mal von Country, mal schlichtem Liedermacher-Stoff durchsetzten Songs zum Besten geben.
Das "call and response"-Stück "Room And Board" von Jones im Alleingang mit Mundharmonika gehört dazu, genauso wie Fletchers Highlight "Told No Lies" und die lyrische Ballade "Told No Lies", die vor landestypischem Folk trieft, ohne noch etwas vom klassischen Zwölftakter zu zeigen. Das Konzert aus dem Snape Maltings an der Küste von Suffolk (Aldburgh) bietet freilich auch bearbeitete Traditionals ("Stealin Stealin", Stranger Blues") und Standards wie "I Can't Stand The Rain" von Don Bryant (kennen die meisten wohl von Tina Turner), Booker Ts "Jitterbug Swing" oder Ray Charles' "They're Crazy About Me" vom Tribut-Album der Band an den großen Entertainer.
Den Bonusteil bestreitet THE BLUES BAND mit dem fiebrigen "Death Letter" von Son House und dem völlig entschleunigten Ur-Folk "How Can a Poor Man Stand Such Times and Live?" von US-Vorreiter Blind Alfred Reed - eine rundum herzliche Sache also.
FAZIT: Was THE BLUES BAND mit seinerzeit Neu-Drummer Townsend (bis heute die einzige Umbesetzung) auf "Wire Less" bieten, ist schlichtweg eine Geschichtsstunde in Sachen US-Roots, die teils weit über den reinen Blues hinausgeht und doch wurzeliger nicht sein könnte - ein Album zum (Wieder-)Entdecken.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 19.11.2015
Gary Fletcher
Paul Jones, Dave Kelly
Tom McGuinness, Dave Kelly, Paul Jones
Rob Townsend
Repertoire
78:58
13.11.2015