Mittlerweile sind sie schon fast Ikonen des scheuklappenfreien Psychedelic Rock (die Bezeichnung ist eigentlich viel zu restriktiv), die Russen VESPERO, zumal mit ihrem nunmehr sechsten Album abermals neue Töne zu Gehör gebracht werden: "Fitful Slumber Until 5 A.M." hat etwas von einem Soundtrack zu raumgreifenden Filmen, die vorwiegend bei Nacht spielen und dabei bunter ausfallen, als es modernste Bildschirme wiedergeben können.
Tatsächlich handelt es sich bei der Platte um ein Konzeptwerk, aber das ist egal, denn die Musik klingt so oder so stark assoziativ und steht für sich. Die Fülle an Ideen, die VESPERO und insbesondere Alexey Klabuko an den Tasten verbraten, ist atemberaubend und pinkelt immer noch über so ziemlich alles, was beispielsweise beim Roadburn-Festival dilettieren darf, nur weil es mit einer Gitarren Drones erzeugen kann. Hier geht es virtuos zu wie bei SOFT MACHINE zu besten Zeiten oder bei OZRIC TENTACLES in ihrer besonders energetischen Frühphase. Nicht vergessen darf man die verhalten folkloristischen Töne aus der Heimat der Band (schon ab der vierten Minute im ausschweifenden Opener) und das atemberaubende Percussion-Spiel während "Vision 3", die stolpernde Rhythmik bei gleichzeitiger Wahrung des programmatischen Space-Rock-Pulses und den melodischen Schmelz, den andere Genre-Bands bei allem Genudel viel zu oft vergessen ("Vision 5"!).
Am Ende kann man sich diesen wahnwitzigen und doch nie hektischen Trip immer wieder geben, also haben VESPERO nichts weniger getan als ihre (Weltraum-)Mission einmal mehr erfolgreich ausgeführt.
FAZIT: "Fitful Slumber Until 5 A.M." vertont vortrefflich genau das, was der Titel verspricht. Wenn man sich nachts herumwälzt und die Gedanken schweifen lässt, hört sich das in Musik umgesetzt wohl so an wie dieses Meisterwerk. Besser wird es in diesem Bereich 2015 nicht mehr. Wo bleibt der Durchbruch auf breiter Szene-Ebene und am besten noch darüber hinaus?
Punkte: 13/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 17.03.2015
Arkady Fedotov
Alexander Kuzovlev
Alexey Klabukov
Ivan Fedotov
Vladimir Belov (Cello), Alexey Esin (Flöte), Pavel Alekseev (Saxofon), Alexander Taranenko (Akkordeon)
RAIG
69:39
02.03.2015