VICTORIAN HALLS wären liebend gern die amerikanischen MUSE und fügen dem Ganzen ihrer Herkunft getreu noch mehr Drama hinzu, was ungefähr so schwierig zu ertragen ist wie der Highschool-Gothic von MY CHEMICAL ROMANCE und Konsorten. Die Musik an sich ist mitsamt ihren Arrangements und der Darbietung aber ungleich spannender.
Sänger Sean Lenart steht mit seiner zerbrechlichen bis kratzigen Stimme im Vordergrund, während die Band instrumental zu gleichen Teilen auf konventionelle Rock-Riffs und schwebende Synthetik setzt. Der Sound ist vergleichsweise ruppig, dem Gesamtbild dennoch ein ätherisches Moment nicht abzusprechen.
Das Chicagoer Trio strukturiert seine eigentlich recht kurzen Stücke ausschweifend, was zur Folge hat, dass richtig Griffiges ausbleibt. Die Scheibe klingt zwar nicht zerfahren, bietet aber nur selten stare Hooks wie das von "Dissolution", und wenn eben diese white-trashige US-Pop-Grellheit hinzukommt ("Tonight Only The Dead") verspielen VICTORIAN HALLS ihren Kredit, denn in dieser Band steckt eindeutig mehr, als dass sie nur New-School-Kids zu bedienen bräuchte.
FAZIT: Gute Ideen zuhauf, zerfahrenes Songwriting und in puncto Stil allseitige Unentschlossenheit machen VICTORIAN HALLS zu keiner großen Hoffnung im Bereich moderner Spartenfreiheit, zumindest aber zu einer interessanten Combo, die der Scheuklappenfreie im Auge behalten sollte.
Punkte: 8/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 19.06.2015
Jordan Dismuke, Sean Lenart, Michael Tomala
Victory / Soulfood
39:34
22.05.2015