Harte Zeiten erfordern entsprechende Mittel: Wenn rechtes Gedankengut in Deutschland wieder mainstream-tauglich wird, wenn Pegida und AfD Straßen und Parlamente unsicher machen, DIE ÄRZTE zu netten Rock‘n‘Roll-Frührentnern geworden sind und ANDREAS GABALIER und XAVIER NAIDOO ihr völkisches Süppchen ungestraft und im großen Stil über die Lauscher der Nation gießen dürfen, dann ist nichts gebrauchter und willkommener als eine fette Dosis Mittelfinger, Punk-Attitüde und Lebensfreude. Und genau die verabreichen die ABSTÜRZENDEN BRIEFTAUBEN mit ihrem Comeback-Album „Doofgesagte Leben Länger“. Wenn der Titel der Wahrheit entspricht, hätte diese Rezension wohl eher ein Verriss werden müssen – hoffentlich genügt auch der Wunsch, das Duo möge uns noch lange erhalten bleiben.
Über zehn Jahre sind seit dem letzten Konzert, über 20 seit dem letzten Album vergangen! In dieser Zeit brachten die TAUBEN die DVD „25 Jahre Sind Genug“ heraus und mussten 2006 den Tod von Schagzeuger, Sänger und Gitarrist Konrad Carls (geb. Kittner) verarbeiten.
„Wir könn‘ nicht mehr als drei Akkorde und spieln nicht filigran“. Aber mehr braucht es auch nicht – keine pseudo-intellektuellen Texte, keine HERBERT-GRÖNEMEYER-Lebensweisheiten, keine unbedingte politische Korrektheit oder ein moralischer Auftrag von oben herab. Auch wenn Micro und Olli ihre Jugendtage schon hinter sich haben, man hört es ihnen nicht an.
Das vorab als Single veröffentlichte „Nie wieder Pegida“ ist eine perfekte, tanz- und gröhlbare Nazis-Raus-Hymne und formuliert eine klare Botschaft und Haltung - sowas bräuchte man öfter. Mal ironisch, mal ernst setzen sich die TAUBEN mit aktuellen Themen auseinander: Überwachung und Vorratsdatenspeicherung („Freiheit Stirbt“), die Ignoranz des Westens gegenüber dem Rest der Welt („Tim Buktu“), verratene Ideale („No Future War Gestern“) und einigem mehr. Dazwischen gestreut sind immer wieder Nummern, die einfach nur Spaß machen: „Keine Probleme und leicht einen sitzen – so stell‘ ich mir das Glücklichsein vor“ („Keine Termine“). Wie viel Ironie man in solchen Texten hören will, ist wohl von der Einstellung oder dem Alkoholpegel des Hörers abhängig.
Musikalisch beweist das Duo sehr überzeugend, was man aus einer Gitarre, einem Schlagzeug und zwei Kehlen rausholen kann: Das lässt SLIPKNOT ziemlich alt aussehen. Natürlich ist das Ganze noch Punk, heißt: Einfach gestrickt. Aber wie in ihren Texten vertreten die TAUBEN auch musikalisch einen klaren Standpunkt: Sie biedern sich nicht an den Mainstream an, sie versuchen nicht, Opern zu schreiben, sondern machen einfach das, was sie am besten können: „Punk-Rock von der Pieke auf: Seit über 30 Jahrn“ und das absolut ausreichend für ein -
FAZIT: - echt starkes Comeback, das man auch auf der zurzeit stattfindenden Tour abfeiern sollte!
PS: Für diejenigen, die großen Gefallen an der Review bzw. der Band gefunden haben, wird <a href="http://musikreviews.de/news/ABSTUeRZENDE-BRIEFTAUBEN-mit-Mega-Fanbox-und-Support-fuer-WIZO/3925/" rel="nofollow">unsere NEWS zur limitierten und handsignierten Box</a> sicher sehr interessant sein!
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 21.09.2016
Mico Bogumil
Micro Bogumil
Oli aka Jonny Bockmist
Weserlabel
37:12
23.09.2016