Irgendwie sind es immer wieder die seltsamen Überraschungen, welche den Kritikern große Freude bereiten, weil etwas bei ihm einflattert, das er so nicht erwartet hätte. Zum Beispiel eine CD, deren Musik er noch nicht kennt, deren Verpackung aber allerhöchste Neugier bei ihm erweckt, weil sie eben was ganz Besonderes ist. Zuletzt ging es mir ähnlich mit dem von Hand gestalteten und mit Fußabdrücken versehenen Album von GURDAN THOMAS. Nun also sind es die Franzosen ADAM & THE MADAMS aus Straßburg, die meine Aufmerksamkeit auf ganz ungewöhnliche Weise mit „A&TM“ wecken.
In einem von Hand genähten und auf 1000 Stück limitierten Sack, der vorn und hinten von Adam mit eigenem Motiv bemalt wurde, steckt der Silberling. Doch nicht nur das. Im Säckchen befindet sich auf 480 Gramm schwerem Kaffee-Papier ein hochwertiger Druck mit den Titelnamen und auf der anderen Seite die mit einem Kunststoffteil fixierte CD!
Eigentlich braucht man die CD erst gar nicht aufzulegen, denn allein diese einfallsreiche, gestalterische Verpackung voller Handarbeit lohnt schon die Anschaffung! Obwohl - wir reden und schreiben hier ja eigentlich mehr über Musik als über Verpackungen. Doch auch die wird so einige Liebhaber unter denjenigen finden, denen ihre offenen Ohren wichtiger als die haptische Gestaltung eines Tonträgers sind.
Nach ein paar Minuten und so einigen CD-Player-Rotationen fällt auf, dass auf „A&TM“ sich die SONIC YOUTH und die PIXIES ein Stelldichein mit den RAMONES und den RESIDENTS liefern, während rotzig-zerbrechlicher Gesang, der etwas an CONOR OBERST erinnert, diese Vereinigung fest zusammenhält. Die Musik trieft vor jeder Menge Orgel und Mellotron, wummernden Bässen, schrammelnden Gitarren, und hypnotischen Schlagzeugmotiven, so als befänden wir uns in den abgründigsten 60er-Psychedelic-Zeiten, während Hermann Hesse seinen Steppenwolf alias Harry Haller durch‘s Spiegel-Labyrinth irren lässt.
Unter ihrer fb-Seite finden ADAM & THE MADAMS sogar eine eigene, völlig neue Schublade im überdimensionalen Musik-Schrank und geben ihr den Namen „Wild Garage Pop Noises“. Dabei ist allerdings Vorsicht geboten, denn (harten) Noise gibt‘s hier noch nicht mal als Socke im Angebot, sondern wirklich wilde Geräusche zwischen Garage und Pop, etwas Punk und ganz viel Psychedelic eben. Und bei Garage denkt man natürlich an die WHITE STRIPES - ein auch bei ADAM & THE MADAMS durchaus nachvollziehbarer Gedanke, wenn man besonders das erste Album „The White Stripes“ (1999) mag.
FAZIT: Musik im Sack, die nicht für den Sack, sondern die Ohren psychedelisch angehauchter Musikliebhaber ist, denen mehr die dunkle Seite des Seins als das offensichtliche Dasein liegt. Hier ist nicht nur die Musik, sondern auch die Verpackung von Hand gemacht - wofür es glattweg einen Extra-Punkt gibt!
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 02.02.2016
Adam Lanfrey
Adam Lanfrey
Adam Lanfrey
Cyp Steck
Arthur Vonfelt
Cyp Steck (Trompete, Posaune, Flöten), Arthur Vonfelt (Posaune)
Eigenvertrieb
36:55
13.11.2015