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Albert Collins & The Icebreakers: Live At Rockpalast - Dortmund 1980 - 2 CD + DVD

Stil: Purer Blues-Rock

Cover: Albert Collins & The Icebreakers: Live At Rockpalast - Dortmund 1980 - 2 CD + DVD

Endlich mal wieder ein tiefer Griff in die „Rockpalast-Mottenkiste“ - und was für einer. Am 26. November 1980 trat zum ersten und einzigen Mal ALBERT COLLINS gemeinsam mit seinen ICEBREAKERS im Rahmen der Rockpalast-Reihe in Dortmund auf. Purer Blues-Rock erwartete das Publikum! Das alles garniert mit ausgiebigen Instrumentalausflügen und einem Saxofonisten, der den Eisbrechern so viel Wumms verleiht, dass einem schwindelig werden muss.

Doch in erster Linie geht es ja um den singenden Blues-Gitarristen Collins, der schon 13 Jahre nach diesem Auftritt seine Gitarre für alle Ewigkeiten an den Nagel hängen musste, weil ein bösartiger Leberkrebs dieser Ausgeburt an Spielfreude auf der Bühne die Bretter, welche die Welt bedeuten, unter den Füßen wegzog. An diesem 26. November 1980 jedenfalls lässt Collins seine vier Mitmusiker - alles grandiose Superinstrumentalisten in Schwarz (Hoffentlich darf man so etwas heutzutage noch schreiben!) - die ersten zwei Titel lang ohne ihn das Konzert beginnen, wobei erst der Schlagzeuger und dann der Saxofonist gleich noch ihre ausgezeichneten Sangeskünste mit präsentieren dürfen. Und die Jungs haben schon unglaublich den Blues - doch was dann ab „Listen Here!“, dem dritten Stück und ersten Auftritt Collins auf der Bühne abgeht, ist schier unbeschreiblich, denn dieser Gitarrist scheint regelrecht mit seiner Gitarre verwachsen zu sein und hat eine Stimme, die einerseits wie zusätzliche Gitarren-Saiten und andererseits wie ein raues Felsmassiv, durch das ein Sturmwind donnert, klingt.

Bei „Listen Here!“, eigentlich einem Instrumentaltitel, „singt“ ALBERT COLLINS ein Duett mit seiner Gitarre, was einem erst beim Anschauen der DVD so richtig bewusst wird. Einer der Momente eben, zu denen man sagt: „Das muss man gesehen haben!“ Überhaupt steht Collins Mund zu keiner Sekunde still, sondern begleitet mal ganz im Stillen oder donnernd durch‘s Mikro alles das, was seine Finger gerade mit der Gitarre anstellen. Besonders auffällig ist dabei, dass er bei seinem Spiel niemals ein Plektrum benutzt und seine Gitarre, damit er sie wohl besonders intensiv „bearbeiten“ kann, nicht mit einem Gurt diagonal über den Rücken, sondern nur über der rechten Schulter trägt, wodurch er seine „Geliebte mit den sechs Saiten“ regelrecht tanzen lassen kann, was dann bei „Frosty“ noch eine ganz besondere Raffinesse erhält.

Das Publikum, welches anfangs verhalten dem Konzert folgt, wahrscheinlich weil es die ICEBREAKERS nie zu riesigem Ruhm gebracht haben wie so einige andere Rockpalast-Vertreter, wird hypnotisch von dem Feuer auf der Bühne mitgerissen. Hier wird wortwörtlich das Eis innerhalb kürzester Zeit zwischen denen auf und denen vor der Bühne gebrochen.

Bei „If You Love Me Like You Say“ dürfen die ersten Minuten wummernder Bass und treibendes Schlagzeug solistisch losfeuern, bis dann Gitarre und Saxofon tollwütig mit einstimmen. Überhaupt sind die ausgiebigen, langen, aber nie langweiligen Soli und Improvisationen ein besonderes Markenzeichen der ICEBREAKER-Live-Präsentation. Garantiert würden auch Freunde und Anhänger von Jazz-Musik an diesem freien, oft so leidenschaftlich improvisiertem Blues ihre helle Freude haben.

Kurz vorm Ende des Konzerts, beim fast 13 Minuten langen „Frosty“ geht dann ALBERT COLLINS - aus heutiger Sicht undenkbar - so weit sein Verlängerungskabel reicht mitten ins Publikum und bluest direkt in den Massen mit ihnen ab, indem er auch nach klassischem HENDRIX-Vorbild seine Gitarre hinter dem Kopf spielt und die fast nur männliche Fan-Schar zum Toben bringt. Und damit wären wir zum zweiten Mal bei der faszinierenden Feststellung: „Das muss man gesehen haben!“. Und rechnen wir ein „Dmmgh“ plus ein weiteres „Dmmgh“ zusammen, so kommt ein drittes, diesmal aber „Das muss man gesehen und gehört haben!“ heraus, was für die komplette DVD plus der zwei dazugehörigen Audio-CDs dieses dicken Digi-Packs von den ALBERT COLLINS & THE ICEBREAKERS im Rockpalast gilt!

FAZIT: ALBERT COLLINS ist der JIMI HENDRIX des Blues und die ICEBREAKERS im Grunde „seine“ EXPERIENCE! Keine Frage! Selbst (nur) auf Bild- und Tonträger das pure Live-Erlebnis! Klasse Sound und eine tolle Kameraführung plus (etwas dunklem) Bild im 4:3-Format inklusive!

Erschienen auf www.musikreviews.de am 28.01.2016

Tracklist

  1. CD 1 (37:48):
  2. Sweet Home Chicago
  3. She‘s Fine
  4. Listen Here!
  5. Cold Cold Feeling
  6. Skatin‘/Ice Pick
  7. Brick
  8. CD 2 (52:54):
  9. The Things That I Used To Do
  10. If You Love Me Like You Say
  11. Cold Cuts
  12. I Got A Mind To Travel
  13. Angel Of Mercy
  14. Frosty
  15. Instrumental Jam
  16. DVD (95:00):
  17. Sweet Home Chicago
  18. She‘s Fine
  19. Listen Here!
  20. Cold Cold Feeling
  21. Skatin‘/Ice Pick
  22. Brick
  23. The Things That I Used To Do
  24. If You Love Me Like You Say
  25. Cold Cuts
  26. I Got A Mind To Travel
  27. Angel Of Mercy
  28. Frosty
  29. Instrumental Jam

Besetzung

  • Bass

    Johnny B. Gayden

  • Gesang

    Albert Collins

  • Gitarre

    Albert Collins, Marvin Jackson

  • Schlagzeug

    Casey Jones

  • Sonstiges

    A.C.Reed (Tenor Saxofon)

Sonstiges

  • Label

    M.I.G.-Music GmbH / Indigo

  • Spieldauer

    185:42

  • Erscheinungsdatum

    29.01.2016

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