Eine Frage, die im Raum steht, noch bevor man das Album der Schweizer Band THE ANIMEN auflegt, springt uns förmlich von dem in einer Einfachheit gesatlteten Cover, das an ähnlich unaufgeregte Cover von MOTORPSYCHO erinnert, an: „Sind wir schon angekommen?“ Wenn dann die ersten Töne von „Are We There Yet?“ erklingen, wissen wir es. THE ANIMEN sind angekommen und zwar in einer spannenden Musik-Mixtur zwischen Punk bis Pop, Garage Rock bis Vintage Soul, Rock‘n‘Roll und Ballade. Doch am überraschendsten an diesem Album ist, dass sich in uns beim Einstieg mit „Mami Wata“ der Eindruck breitmacht, dass der auf so mysteriöse Weise verschwundene, ehemalige Sänger der MANIC STREET PREACHERS, R.J. EDWARDS, aus dem Jenseits ins Diesseits zurückgekehrt ist und ab sofort THE ANIMEN seine Stimme leihe. Und als würde das nicht schon genügen, scheint auch der olle Mr. Jagger nach intensiver Verjüngungskur wieder zurück, um eine frühe, bluesige Ballade, die im Stones-Back-Katalog irgendwo verloren gegangen sein muss, wiederentdeckt und noch einmal eingesungen zu haben. Nur diesmal in einem anderen, nicht „Painted Black“-Farbton, sondern als „My Favourite Color Is You“. Selbstverständlich scheint dabei mit jeder Nuance dieses breitlippige, furztrockene, etwas verraucht und rotzig klingende Schmacht-Gefühl durch, das einen ruhigen Song nicht zum Langweiler, sondern echten Hinhörer werden lässt.
Im Grunde kann wirklich nichts anbrennen, wenn man einen Sänger wie THÉO WYSERS in seinen Reihen hat, der uns beim Hören dieses Retro-Gefühl angenehmer Erinnerungen an eine Zeit beschert, als die Musik echt von Hand gemacht, aber nicht tausendfach produktionstechnisch aufgepeppt und „overdubbed“ wurde. Und natürlich greifen die Instrumentalisten von THE ANIMEN ebenfalls genau dieses Gefühl auf und lassen es handgemacht mal krachen oder gehen es genauso handgemacht auch schön ruhig an, wobei sogar ein paar zarte, von der Steel Guitar dominierte Country-Rhythmen, wie auf „Staggo Me“, Retro-Souliges samt Mundharmonika in „Salt Doll“ sowie Indianer-Geheul und orgelndes DOORS-Feeling, wie auf „At War“ oder „Below Eternal Snow“, keinesfalls fehlen dürfen. Und der ewige Schnee offenbart uns dann sogar den entscheidenden Satz, der mehr aussagt, als ein heißer Song über die kalte Zeit: „I am the preacher man!“
Vielleicht sollten wir im Stillen einfach noch „Manic“ und „Street“ ergänzen?!
FAZIT: Wenn gute Songs auf verrückte Prediger treffen, denen die Musik mehr am Herzen liegt, als eine opulent gestaltete Platten-Hülle und dann dabei beim Hörer eine wilde Retrospektive durch die Glanzzeiten der musikalischen Vergangenheit entfacht wird, welche zwischen Memphis und London hin- und hersausen, dann sind THE ANIMEN nicht weit. Das einzig Unglaubliche daran ist wohl die Tatsache, dass dieses Quartett nicht aus den geheiligten Gefilden des Rock und Punk kommen, sondern einem kleinen Ort in der Nähe von Genf, namens Carouge! „Are We There Yet?“ Schon längst!
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Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 26.02.2016
Julien Marty
Théo Wyser, Julien Marty
Robin Schneider, Théo Wyser
Théo Wyser
Guillaume Louis
Noisolution / Twogentlemen
39:59
26.02.2016