Es ist schon ein echtes Schmuckstück, das der Käufer dieses unglaublich schönen Digi-Pack-Albums da in den Händen hält, wenn es zu ihm ins Haus geflattert kommt. BEN CRAVEN, der nicht nur von seinem durch ROGER DEAN kreierten Namenszug her an YES erinnert, sondern auch musikalisch dem Prog der Siebziger huldigt, ist mit diesem Album nach den vorherigen drei Mittelmaß-Scheiben ein kleiner musikalischer Quantensprung gelungen. Auf keinen Fall sollten wir uns also die letzte Chance, dieses Album zu hören, entgehen lassen.
Die Grundidee hinter „Last Chance To Hear“ basiert darauf, dass Craven all das Gestreame und Downgeloade in unserer „phonoisierten“, schnelllebigen Zeit gehörig auf den Zeiger geht. Musik wird viel zu oft zu einem digitalen Abfallprodukt, die man sich schnell mal aus dem Netz lädt und dann auf die Speicherhalde irgendeiner kleinen Festplatte verdammt, bis sie dort in Vergessenheit gerät und durch anderen digitalen Müll verdrängt wird.
BEN CRAVEN aber ist ein echter Nostalgiker. Wer das bisher noch nicht wusste, weiß es nach diesem Album endgültig!
Zieht man dann auch noch die DVD hinzu, auf deren ersten Teil Craven ausgiebig über die Entstehung des Albums und alle Hintergründe spricht sowie uns außerdem bei den Aufnahmen „live“ dabei sein lässt und wir sogar die wundervolle FREYJA DEAN - die genauso hübsch wie ihre Bilder ist - kennenlernen dürfen, wissen wir alles, was wirklich wichtig ist, um „Last Chance To Hear“ in seiner ganzen Breite und Vielfalt zu verstehen. Auch ist sofort klar, warum die CD wie ein LP beginnt und endet, dann die Seite „umgedreht“ und erneut als LP fortgesetzt wird. Hier geht‘s nicht nur um Nostalgie, sondern um das sich zur Wehr setzen gegen die digitale Musik-Verrohung. Auch die Videos auf der DVD verweisen ganz offensichtlich auf längst vergangene Zeiten, indem sie wie alte Filme daherkommen, die mal als Zeichentrick oder im Stil von James Bond‘s „Goldfinger“ umgesetzt werden. Am schönsten aber ist das komplett verrückte <a href="https://www.youtube.com/watch?v=wqqZxE33WO8" rel="nofollow">„Revenge Of Dr Komodo“</a>.
„Spy In The Sky - Part 3“ dagegen erinnert als Video an einen frühen Trailer von „Akte X“ plus die Bilder von Satelliten sowie einer Mondlandung und von der Musik her deutlich an PINK FLOYD, wenn die versucht hätten, eine Space-Version ihres „Great Gig In The Sky“ ohne Sängerinnen zu veröffentlichen.
Multiinstrumentalist Craven liebt natürlich nach wie vor PINK FLOYD und lässt uns dies auch immer wieder auf „Last Chance To Hear“ hören. Da kommen Erinnerungen an die psychedelische Zeit von „Astronomy Domine“ genauso wie die „Dark Side“- und „Meddle“-Ära auf. Aber auch jede Menge GENESIS-Finsternis oder YES-Bombast ist zu entdecken, der sich neben akustischen Gitarren und Piano breit macht. Wenn dann sogar noch WILLIAM SHATNER alias Captain Kirk mit seinem Raumschiff Enterprise auf „Spy In The Sky Part 3“ landen darf, dann ist alle nostalgische Schönheit perfekt. Und gemäß dem Grundsatz „Back To The Roots“ verabschiedet sich Craven auf den letzten beiden Stücken erst mit einem gigantischen Floyd-Gitarren-Solo und einem traurigen, akustischen Piano-Stück.
Wenn dieses Album wirklich das letzte wäre, was wir zu hören bekämen, dann hätten wir großes Glück gehabt.
FAZIT: „Last Chance To Hear“ ist ein Rundum-Wohlfühl-Paket für alle Prog-Nostalgiker, die gerne in Erinnerungen schwelgen und es am Ende kaum fassen können, dass tatsächlich ein einziger Musiker ein dermaßen bombastisch klingendes, kunstvolles Prog-Album in völliger Eigenunion zustande bringt.
Punkte: 13/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 19.05.2016
Ben Craven
Ben Craven, William Shatner
Ben Craven
Ben Craven
Ben Craven
Tuneleak Records / Just For Kicks
46:18 / 40:00
06.05.2016