Auf seinem bereits fünften Album setzt der kanadische Gitarrenvirtuose Calum Graham erstmals seine Stimme ein und bereichert den Kader seines Labels um einen weiteren feinfühligen Farbtupfer, wo Grellheit nicht vonnöten ist.
So vermischen sich auf "Tabula Rasa' famose Solostücke wie der Titelsong als Einleitung zu beeindruckenden Slide-Stampfern wie 'Wild Woman', das dem Schaffen von Jack White entsprungen sein könnte und ein penetrantes Refrain-Hook verzeichnet und dem Michael-Jackson-Cover 'Billie Jean' gegenübergestellt zeigt, dass Calum ein irre guter Komponist ist, der prinzipiell das volle Mainstream-Programm durchlaufen könnte. Das dürfte in Zukunft auch geschehen, wenn er von den richtigen Leuten entdeckt wird.
Während Graham mit 'Phoenix Rising' oder der Ballade 'Half Your Heart' seine rhythmischen Konturen schärft - wobei er nur teilweise selbst perkussive Geräusche erzeugt und hörbar auf eine Beatbox zurückgreift -, reicht er in Form von 'Ghost' eine gemeinschaftliche Komposition mit seiner Toronter Nachbarin Alexandra Soumalias ein (die schon 'Layin' It Down' mit ihm realisierte) und zieht für das knappe Zwischenspiel 'Point Of Contact' Antoine Dafour beziehungsweise für 'Farewell' Bass-Revolutionär Michael Manring heran, dessen leise Töne trefflich zu dieser unaufgesetzt emotionalen Musik passen.
FAZIT: In seiner Gesamtstimmung lässt sich "Tabula Rasa" mit einem Wort als anheimelnd bezeichnen. Grahams Texte handeln vom Zusammenleben und zeugen von Weisheit, der auch aufgrund der Jugend (immer noch) des Künstlers jegliche Altklugheit oder generell Klugscheißerei abgeht. So wird die Platte zu einem theoretisch Breitenwirksamkeit erzielenden Sammelband zeitloser Musik, die den großen Songwritern Nordamerikas in nichts nachsteht.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 15.06.2016
Calum Graham
Calum Graham
Candyrat
47:08
20.05.2016