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Cliff Barnes And The Fear Of Winning: World2Hot

Stil: Rock, Folk, Soul, Pop, Country, Singer/Songwriter mit ernsthaft gemeinter Botschaft zum Umweltschutz

Cover: Cliff Barnes And The Fear Of Winning: World2Hot

Gegründet 1989 kurz vorm Mauerfall, dann aufgelöst und nun wieder zurück – mit eindeutiger Mission: „Diese Band wird wieder gebraucht. Diesmal um die Welt zu retten. Der neue Code heißt ‚World2Hot‘.“
Sie sind also wieder zurück, nicht etwa die musikalischen Weltverbesserer, sondern die Weltretter. Zumindest kann man das genauso unter ihrer Homepage lesen. Und die Musik, mit der sie die Weltenrettung planen, macht auch viel Freude, hat jede Menge Soul und Folk, Indie und Country, Rockiges und Ruhiges. Und ganz besonders jede Menge Gebläse – Trompeten, Posaunen, Saxofone – auch wenn das alles nicht nach den psychologisch kriegsführenden „Trompeten von Jericho“ klingt, sondern nach den musikalischen Weltenrettern, die nicht mit voller Kraft und in extremer Lautstärke in ihre Mundstücke blasen, sondern eher verhalten und voller schöner Melodik. Das Zeichen ist eindeutig: CLIFF BARNES AND THE FEAR OF WINNING sind zurück! Doch sie blasen uns keinen Marsch, sondern versuchen es mit viel Melancholie und Melodie – und das steht dem in die Jahre gekommenen Trio wirklich gut. Und selbst wenn sie im Inneren des Digipaks Schweißermasken tragen, ist ihre Musik nicht so heiß, dass man sich daran die Ohren verbrennt. Die Texte aber sind im positiven Sinne dagegen brandgefährlich, denn sie legen bewusst den Finger nicht nur auf die Wunde, sondern bohren darin auch genüsslich herum, die uns der alltägliche Wahnsinn medialer Verblödung, politischer Verdummung und religiöser Gleichschaltung schmackhaft zu machen versucht. So stellen sie in ihrer Blues-Nummer „Tie Me Down“ unwiderruflich fest: „I wrote a letter to God that never got through / It‘s easier talking to the devil than you.“

Im Mittelpunkt der Musik auf „World2Hot“ steht der Unweltschutz – und das meinen die Musiker verdammt ernst. Sie singen nicht nur in ihren Texten von der Vergeudung der Umwelt-Ressourcen, sondern leben bewusst im Sinne des Naturschutzes. Ihr Album haben sie in einem eigenen Studio aufgenommen, das den Strom über Photovoltaik erzeugt und sie haben sogar Spuren mit einem Pedal-Power-System aufgenommen, bei dem der Strom tatsächlich über Fahrräder erzeugt wird, was sogar auf dem Digipak zu sehen ist. Der Mix der Aufnahmen – der wirklich sehr gelungen ist – erfolgte in einem Studio, das eine Wassermühle besitzt. Hochachtung vor so viel Konsequenz: „Unsere Philosophie ist durchaus radikal, denn wir sagen, dass jeder einzelne Verantwortung übernehmen muss, indem er z.B. nur das kauft, was er auch wirklich braucht. Jeder einzelne muss aufhören, Zeit, Ressourcen, Geld und natürlich Energie an das Märchen Wachstum zu verschwenden. Das alles klingt wie ein Hippie-Mantra und das soll es auch sein.“

Noch dazu ist die Musik auf „World2Hot“ auch wirklich hip, aber auf keinen Fall hop! Mal hört man bei „The Crossing“ die WALKABOUTS durch, dann wieder viel Weltmusikalisches und Country, egal ob bei „Cold Outside“ oder die beiden „Fahrradritte“ - akustisch wie elektrifiziert.
Und mit „Deadly Sin“ gibt‘s sogar etwas Psyche, während „Blue Skies“ als gefühlvolle Ballade daherkommt. Der Radio-Mix von „Mr. Rodriques“ wartet dann als Bonus noch einmal mit schönen Salsa- und Flamenco-Rhythmen auf und verbreitet ein sommerlich warmes Gefühl, während uns der Text über eine unglückliche Liebe berichtet. So endet das Album <a href="https://www.youtube.com/watch?v=E8YxYtwcrDE" rel="nofollow">mit dem gleichen Song</a>, mit dem es begann und der Kreis schließt sich.

Es ist wirklich eine großartige Sache, dass sich ein paar Musiker aus Deutschland nicht etwa nur mit erhobenem Zeigefinger hinstellen und in ihren Texten alles anprangern, während sie ihr Leben selber nicht wirklich danach ausrichten. Außerdem behalten sie dabei auch noch ihren Sinn für Humor.
CLIFF BARNES AND THE FEAR OF WINNING singen und texten nicht nur professionell und beeindruckend über den alltäglichen Scheiß unserer Wohlstandsgesellschaft, nein sie holen auch das Klopapier hervor und versuchen den durch ihre Einstellung und ihr Verhalten wenigstens ein wenig wegzuputzen.
Dieses Album ist auf jeden Fall ein erster Schritt dazu.
Mögen das hoffentlich sehr viele erkennen!

FAZIT: Folk und Rock und Pop und Country und ganz viel hervorragende Texte, die uns in unserem alltäglichen Überfluss ohne predigendes BlaBlaBla darauf aufmerksam machen: „World2Hot“ - muss man wirklich Musiker sein und CLIFF BARNES AND THE FEAR OF WINNING heißen, um das nicht nur zu erkennen, sondern danach auch sein Handeln einzustellen?
Und den Humor darf man dabei natürlich auch nicht verlieren!

Punkte: 12/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 17.10.2016

Tracklist

  1. r. Rodriguez
  2. God & Grumpy
  3. I‘ve Got A Gun
  4. Cold Outside
  5. Cardboard Moon
  6. Deadly Sin
  7. I Let Her Down
  8. Tie Me Down
  9. The Crossing
  10. Ride My Bike Electric
  11. Blue Skies
  12. Ride My Bike Acoustic
  13. Mr. Rodriguez – Radio Mix

Besetzung

  • Bass

    Henry Rebellius, Marcus Praed, Mike Stewart

  • Gesang

    Bob Giddens, Marcus Praed, Camille Bloom, Lolita Carroll, Viviane Helms, Harry Schuler, Susan Voelz

  • Gitarre

    Marcus Praed, Henry Rebellius, Martin Huch

  • Keys

    Marcu Praed, Martin Schmeing

  • Schlagzeug

    Deko Pellmann, Lars Plogtschies, Felix Holzenkamp

  • Sonstiges

    Felix Holzenkamp (Golckenspiel, Vibraphone), Dieter Kuhlmann (Posaune), Tommy Schneller (Saxofon), Gary Winters (Trompete), Susan Voelz (Violine)

Sonstiges

  • Label

    Timezone

  • Spieldauer

    63:44

  • Erscheinungsdatum

    14.10.2016

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