Zurück

Reviews

Dec Burke: Book Of Secrets

Stil: Neoprog

Cover: Dec Burke: Book Of Secrets

Dem Zeitstempel nach sieht es fast so aus, als habe das pfeffrige „Experiments in Mass Appeal“ von FROST* im Jahr 2008 DEC BURKEs Fantasie beflügelt, ließ der Leadsänger mit DARWIN'S RADIO doch ein Jahr später ein neues Album folgen und vor allem zwei beziehungsweise drei Jahre später seine ersten beiden Soloalben. Zum dritten Album hat es jetzt weitere fünf Jahre gebraucht; wiederum kurz nach der Veröffentlichung eines FROST*-Albums, das diesmal ohne Burkes Beteiligung entstanden ist.

Dass Übung den Meister macht, sieht man an der Entwicklungskurve von „Destroy All Monsters“ über „Paradigms & Storylines“ bis heute: Nachdem das Debüt noch von einem seltsamen 80s-Film beschichtet war, öffnete sich das Soundbild im schnell nachgelegten Nachfolger bereits (als würde eine Zuckerglasur gesprengt; Kollege Chris bemühte in der Besprechung das Bild eines explodierenden Teddybärs) und nun klärt es sich mit „Book Of Secrets“ weiter auf. Selbst der bunte Kitsch der ersten Coverartworks ist einem sterileren Design gewichen. Es scheint so, als nähere sich der Songschreiber in kleinen Schritten der Beherrschung einer der wichtigsten Fähigkeiten im Neoprog an: Wie man das grenzenlose Arsenal an Farben behutsam, aber kraftvoll auf der großen Leinwand verteilt, ohne das Gesamtbild zu überladen.

Einen Longtrack wie beim letzten Album sucht man vergebens, überhaupt spricht die recht kurze Gesamtspielzeit von nicht ganz 40 Minuten für Maßhaltung. Regengeräusche und Donnergrollen wie auf einem Epos gibt es als Intro und Outro dennoch. Was sich dazwischen abspielt, dürfte zumindest den alles verschlingenden Freunden des kontemporären Neoprogs gut reinlaufen; Maßstäbe allerdings werden keine gesetzt.

Mit seiner heiser-hellen Stimmfarbe, den elegischen Gitarrenleads mitsamt einfach zu folgenden Melodien und den satten Keyboard-Akzenten bewegt sich DEC BURKE nämlich eher mitten im Mahlstrom seines eigenen Arbeitsfeldes als am gefährlicheren, aber unabgegrasten Rand. Doch immerhin, „Reflections“ beschwört Spannung schürend höhere Größenordnungen, „Everlasting“ legt dann positiv getrieben mit NEAL-MORSE-Spirit vor und liefert im Mittelteil ein quirliges, kurzes Gitarrensolo, das den stampfenden Grundrhythmus mächtig aufwirbelt. Das ist einer dieser Kontraste, die auf dem Album ausgesprochen gut funktionieren, ebenso wie die hochwertige Zusammenstellung der Band mit einem Drummer, der die Felle nicht verschont (Steve Hughes, BIG BIG TRAIN), einem Bassisten, der auch mal den Ton angibt (Kristoffer Gildenlöw, PAIN OF SALVATION) und einem Keyboarder aus dem Wunderland (Carl Westholm, CARPTREE).

Obwohl auch weiterhin stets irgendwo etwas brennt, verlieren die Stücke im Mittelteil wieder etwas ihren Drive, als sie sich banalen Pop-Linien annähern - insbesondere, da man sich nicht ganz trennscharf an der Linie zum Plagiarismus bewegt, insofern die Strophen von TEARS FOR FEARS' „Mad World“ bequem auf die Instrumentierung von „Another Hope“ gesungen werden könnten. Hier manifestiert sich dann doch die überschaubare Substanz, von der man noch nicht recht weiß, ob sie grundsätzlich nur in limitierter Form existent ist oder bislang einfach noch nicht ausgegraben wurde.

FAZIT: In Sachen Arrangement und Produktion ist „Book Of Secrets“ ein erneuter Schritt nach vorne, eine gewisse kreative Distanz zu den großen Platten ist jedoch weiterhin spürbar. Ein wenig spektakuläres, aber befriedigendes Dessert zum Hauptgang, den FROST* vor wenigen Monaten serviert haben.

Punkte: 9/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 19.11.2016

Tracklist

  1. Reflection
  2. Everlasting
  3. Take
  4. As High As The Sun
  5. Another Hope
  6. Intervals
  7. Hate & Lies
  8. the Sun Will Rise

Besetzung

  • Bass

    Kristoffer Gildenlöw

  • Gesang

    Dec Burke

  • Gitarre

    Dec Burke

  • Keys

    Carl Westholm

  • Schlagzeug

    Steve Hughes

  • Sonstiges

    Dec Burke (Synthesizer)

Sonstiges

  • Label

    Festival Music / Just For Kicks

  • Spieldauer

    39:59

  • Erscheinungsdatum

    29.08.2016

© Musikreviews.de