Das Schiff EARTHLING SOCIETY schippert auch nach über zehn Jahren unentwegt weiter, denn Fred Laird und Jon Blacow als Konstanten der Band halten die Musik auf stilistisch korrektem Kurs, in dessen Verlauf aber nach wie vor vieles möglich ist. Darum strotz "Sweet Chariot" vor Einfallsreichtum im gegebenen Psychedelic-, Space- oder was-auch-immer-Rahmen … und wenn ein Liebhaber-Label wie Clostridium dem Sound eine so anheimelnde Aufmachung spendiert, steht eigentlich ein Pflichtkauf ins Haus.
"Sweet Chariot" dreht sich selbstredend um das zweiteilige Titelstück, eine allen Genre-Erfordernissen genügende und darüber hinausreichende Sause voller Parts zum Festhalten, freizügiger Ausbrüche und Klangwelten, die auch ein halbes Jahrhundert nach der Gründerzeit noch nicht gänzlich erschlossen scheinen.
Einschlägige Namen von CAN (deren Dilettantismus bleibt bei EARTHLING SOCIETY allerdings außen vor, hier ist alles von vorn bis hinten gekonnt und mindestens genauso charmant) über HARMONIA bis zu GURU GURU hätten sicherlich nichts gegen die Teufel auf den Schultern eingewendet, die das britische Trio während der Entstehung von "Sweet Chariot" geritten haben. Speziell Laird quillt über vor Ideen, egal welches Instrument er gerade bedient, wobei die Tastensounds einmal mehr die Hinhörer schlechthin sind.
Im Übrigen täuscht die fast klischeehafte Cover-Collage darüber hinweg, dass bei aller Retro-Freude sehr viel Zeitgenössisches in EARTHLING SOCIETY steckt. Die Band geht den idealen Weg, alte Tugenden mit für die Gegenwart (eigentlich immer) relevantem Schmiss zu verbinden, was ihr zu relativer Eigenständigkeit verhilft. Ambient findet auf "Sweet Chariot" sicherlich auch statt, doch die betreffenden Passagen klingen nicht wie der Verlegenheit geschuldet, sondern sind im Sinne des Gesamtwerkes nachvollziehbar.
Ungeachtet der schrankenlosen Experimentierfreude der Beteiligten kann man also im absolut Guten von einer runden Sache sprechen!
FAZIT. EARTHLING SOCIETY mögen nicht so bekannt sein als vor allem die amerikanischen Vertreter des Psych-Revivals - vielleicht auch deshalb, weil die Briten mehr bieten als faden Vintage-Abglanz -, doch eigentlich sollte ihnen wenn nicht die Welt, so doch jener Teil derselben gehören, der innovative Sounds mit Wurzeln in Altbewährtem schätzt und dabei schlichtweg klug komponierte Musik hören möchte. "Sweet Chariots" legt davon eindrucksvoll Zeugnis ab.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 24.05.2016
Kim Allen
Fred Laird
Fred Laird
Fred Laird
Jon Blacow
Clostridium
39:48
13.05.2016