Obwohl das fünfteilige Titellied zum Abschluss knapp zwanzig Minuten Longtrack-Power verspricht (und in weiten Teilen auch hält), spielen ELPHANT PLAZA keinen komplexen, breakintensiven Progressive Rock. Stattdessen bewegt sich die Band um den ehemaligen MAGIC PIE-Gitarristen Gilbert Marshall zwischen melodischem, symphonischem Prog mit deftiger Hard-/Classicrock-Schlagseite und einem Faible für butterige Balladen. Wer dieser Musik vorwirft, dass sie bombastisch, hymnisch, ausladend und gefühlsduselig sei, der fragt eine Eule auch, wer sie nach Athen gebracht habe.
Auf „Momentum“ wird geschmettert und geschmolzen, dass es eine Wonne ist. Fette Tastenspielereien, eine vorantreibende Rhythmussektion, flirrende Akustikgitarren und elektrische mit Wumms. Dazu Gäste an den Streichinstrumenten und am Mikrophon wie MAGIC PIE-/KERRS PINK-Kollege Eirikur Hauksson. Dass über der Produktion des Albums rund drei Jahre verstrichen sind, verwundert bei der Vielzahl der beteiligten Musiker kaum.
Gesungen wird gern, kräftig und viel, kein Wunder bei einer vielköpfigen gemischtgeschlechtlichen Sängerschar. Durchweg von ordentlicher Qualität, auch wenn das ein oder andere „R“ heftig gerollt wird (auf weiblicher Seite), und es in langsamen Passagen im Chor leicht Richtung Musical driftet („Human Race“). Aber das wird durch die schnuckelige Orgel im Hintergrund und die heftiger einsetzenden Gitarren gerettet. Aber so ist das im Melodic Rock, da darf auch mal zuckrig gesäuselt werden. Gelingt lediglich auf „All The Way“ nicht ganz so gut, der Song ist zu banal und lang.
Auf der Prog-Seite bewegt sich die norwegische Band geschickt zwischen PINK FLOYD zu (besseren) „Division Bell“–Phasen („Momentum Part 1 – Momentum“), CAMEL im gemächlichen Modus und fröhlichem Schielen gen AYREON und STAR ONE. Im gepflegten Eigenheim- nicht „Electric Castle“-Format. Das passt, die Melodien sind über weite Strecken ansprechend, etwas unspektakulär bisweilen, der Härtegrad ist knackig, die symphonischen Passagen sind abwechslungsreich und vollmundig, aber nicht zu überladen. Macht Laune und nur böse, herzlose Buben werfen „Momentum“ zu glatte Rockkompatibilität und mangelnde Komplexität vor. Aber da hören wir gar nicht zu, und mit denen wollen wir auch nicht spielen.
FAZIT: „Momentum“ ist ein anheimelndes Werk geworden, melodienselig, von flauschig bis krachledern. Das mögen wir in seiner überaus freundlichen Gediegenheit, gerade in nostalgischen Phasen, ziemlich gern. Besonders, wenn es so gekonnt und abwechslungsreich vorgetragen wird wie auf „Momentum“.
Punkte: 10/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 24.08.2016
John Kamphaug
Gilbert Marshall, Anett Lunde, Maria Bentzen, Eirikur Hauksson, Kim Christiansen, John Kamphaug, Olav Rygg, John Petter Saeterdal, Jan-Fredrik Heier
Kim Christiansen, Gilbert Marshall, Espen Mikarlsen, Harald Hougaard
Gilbert Marshall
Olav Rygg
Liv Frengstad (cello), Helle Tennoe Andersen (viola & violin), Ole Herman Huth, Maria Dahl (violin), Harald Hougaard (mandolin)
Progress Records/Just For Kicks Music
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29.07.2016