Wenn Gospel und Moderne in der Gegenwart aufeinandertreffen, dann ist ELI PAPERBOY REED nicht weit. Egal, ob er dabei gerade auf dem „Weg nach Hause“ ist oder sich darum bemüht, seinen Hörern eine Retro-Gospel-Schlammpackung auf die Ohren zu patschen. Wenn „My Way Home“ in den frühen Sechzigern entstanden wäre, hätte es ein beeindruckendes Kopfnicken hinterlassen, im Jahr 2016 aber sorgt es höchstens für ein ungläubiges Kopfschütteln.
Das liegt nicht in erster Linie daran, dass ELI PAPERBOY REED sich dafür entschied, uns auf „My Way Home“ eine gute halbe Stunde lang Gospel-Songs mit viel Orgel und Chor-Gesang zu bieten, so als wäre die Zeit zwischen den frühen 50ern und späten 60ern irgendwann endgültig stehen geblieben, sondern an der Art und Weise wie er uns seine Leidenschaft zu präsentieren versucht.
Wenn ein Album aber so klingt, als läge die moderne Aufnahmetechnik noch in weit entfernter Zukunft, dann muss man sich schon fragen, ob dies einer komplett überflüssigen Nostalgie- oder unfähigen Idiotie-Aufnahmetechnik-Welle geschuldet ist. Wozu bitteschön investiert man als leidenschaftlicher Musikliebhaber viel Geld in eine hervorragend klingende Musik-Anlage, wenn die CD, welche man in ihren Player einfahren lässt, wie kurz nach Grammophone-Zeiten klingt? Da mag die Musik noch so gut sein, mit diesem Sound aber wirkt sie selbst in den noch nicht mal 35 Minuten Laufzeit irgendwann nervend.
Die Sounds poltern dumpf aus den Boxen, um wahrscheinlich die Authentizität zu wahren, welche frühe Gospel-Aufnahmen hatten. Zeiten, in denen man sich glücklich geschätzt hätte, wenn nur ansatzweise solche Aufnahmequalität wie heutzutage möglich gewesen wäre. Jedenfalls fragt man sich beim Hören des Albums, was das soll! Wir leben in einem Zeitalter, in dem jede Musik - so alt sie in ihrem Original auch sein mag - richtig gut und modern klingen kann, ohne dabei ihre retrospektive Nostalgie zu verlieren. „My Way Home“ aber klingt sound-technisch richtig schlecht, ähnlich einer verunglückten Mono-Stereo-Version der frühen Sechziger. Die Höhen fehlen gänzlich und ein schwammiger Klangbrei regiert. So viel Nostalgie braucht anno 2016 kein Mensch mehr, denn wenn wir diese Sounds hören wollen, dann legen wir eben einfach unsere alten Platten mit den Original-Gospel-Musikern auf.
All dieses Retro-Gehabe auf „My Way Home“ wird nur dort Anklang finden, wo einem die alten Motown-Platten nicht mehr reichen, obwohl auch die besser klangen. Irgendwo zwischen lahmen TEMPTATIONS und ein paar FOUR TOPS-Ergüssen sowie etwas verstimmten ISLEY BROTHERS bietet ELI PAPERBOY REED seinen souligen Gospel und gospeligen Soul zum besten, so als würde er uns in eine Musik-Zeitmaschine setzen und den Schalter auf 50 bis 60 Jahre früher drehen. Wenn wir dann allerdings angekommen sind, sollten wir auch vergessen, wie sich die Musik klangtechnisch im Laufe der Zeit entwickelt hat.
Wie dem auch sei, die Einen nennen diese Musik wohl rau, schmutzig und total authentisch und die Anderen lahm, schlecht klingend und längst von der Zeit überholt. Der Kritiker dieser Zeilen zählt eindeutig zu „den Anderen“.
FAZIT: Mit seinem fünften Album will ELI PAPERBOY REED allen beweisen, dass er den absoluten Gospel und den totalen Soul hat. Leider geht das in die schwammige Klanghose und klingt so, als wäre es in einer zugigen amerikanischen Kirche mit schlechter Akustik aufgenommen. Halleluja!
Punkte: 6/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 23.06.2016
Michael Montgomery
Eli Paperboy Reed, Michael Montgomery, J.B. Flatt, Noah Rubin
Eli Paperboy Reed
J.B. Flatt
Noah Rubin
Yep Roc / H'Art
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10.06.2016